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“There are no happy endings to these trafficking stories.”

Es ist der 14. Februar. Neun Tage nach der Razzia in der „Crow Bar“ und außerdem Valentinstag. Der Tag der Herzen und der Liebe. Und bei PREDA ein Grund eine große Party für alle Kinder in den beiden Heimen zu organisieren. Für mich ist die Party nach einer halben Stunde zu Ende, als mich die Koordinatorin des PREDA Girls Home anspricht und mich in knappen Sätzen anweist etwas zu essen, meine Arbeitsuniform anzuziehen und in 15 Minuten bereit zur Abfahrt zu sein. Erst als ich wenig später auf der Längsbank des kleinen Transporters sitze, erfahre ich warum ich eigentlich hier bin. Neben mir sitzt ein schwangeres Mädchen, 16 Jahre alt, das mir von der Sozialarbeiterin als Mary[1] vorgestellt wird.

Mary schreit, weint und flucht und hat offenbar sehr wenig Lust auf das, was hier mit ihr geschieht. Einige Minuten später halte ich auch die Akte des Mädchens in den Händen. Während des Lesens fällt es mir schwer nicht in die Tränen von Mary einzufallen, denn jeder Abschnitt ihrer Biographie bedeutete eine neue schreckliche Wendung in ihrem Leben.
Als Mary 10 war, starben ihre Eltern bei einem Autounfall. Einen Monat später flog sie aus dem Haus ihrer Tante raus, in das sie nach der Beerdigung ihrer Eltern gezogen waren. Nach zwei harten Monaten als Straßenkind begann sich Mary das erste Mal selber zu prostituieren und verlor mit 10 Jahren für 40 Euro ihre Jungfräulichkeit an einen Taxi-Fahrer aus Olongapo. Ungefähr so verliefen die nächsten Jahre ihres Lebens bis sie mit 14 Jahren das erste Mal schwanger wurde und mit 15 ihr Kind alleine zu Welt brachte, jedoch nicht bei sich behielt. Wenige Wochen nach ihrer Geburt arbeitete sie wieder auf der Straße und auch in verschiedenen Sexbars in der Umgebung von Olongapo. Heute, mit 16, ist sie das zweite Mal schwanger und bereits im fünften Monat.
Jetzt weiß ich zwar etwas mehr über das Mädchen, aber warum genau sie schreit, flucht und weint, das weiß ich genauso wenig wie ich den Grund für meine Mitfahrt hierher kenne.

Schwer begreifbare Freiheit

Die Sozialarbeiterin, die mir gegenüber sitzt, darf es mir nicht vor Mary erklären. Deswegen erhalte ich die Informationen von ihr via SMS.
Zusammen mit einer Mitarbeiterin des Jugendamtes hat sie Mary erst vor wenigen Stunden gegen ihren Willen von der Straße geholt. Deshalb sitze ich als Guard, als Wächter mit im Auto, das Mary zu einem anderen, weiter von ihrer Heimat  entfernten Heim bringen soll. Warum Mary sich so gegen die Hilfe wehrt, lässt sich nur schwer in Worte fassen. Mary möchte auf „ihrer“ Straße bleiben, sie möchte weiter als Prostituierte arbeiten und sie will nicht gerettet werden. Sie ist abhängig von ihrem Leben dort und sie schätzt ihre Eigenständigkeit und „Freiheit“.

NBI und US Homeland Security - Einsatzkräfte führen die Razzia durch.

NBI und US Homeland Security – Einsatzkräfte führen die Razzia durch.

Diese nur schwer begreifbare, schockierende und für mich auch irgendwie beängstigende Abhängigkeit ist mir nicht neu. Schon vor neun Tagen – in der Nacht der Razzia – war ich mit ihr konfrontiert worden und das hatte mir so einige Kopfschmerzen bereitet…

Die Razzia

Nach etwas mehr als drei Stunden gespielter Party und kurz vor Ladenschlusszeit der „Crow Bar“ trifft das NBI schließlich doch noch ein. Die Razzia selber verläuft dann auch viel unspektakulärer als unsere vorausgegangene Undercover-Aktion. Zwei in zivil gekleidete Beamte betreten von den meisten Gästen und Tänzerinnen unbemerkt die Bar und postieren sich vor dem Hinterausgang. Dann öffnet sich die Tür erneut, das Licht geht an und Uniformierte strömen in die Bar. Es gibt einige Rufe und wenige Sekunden später ist die Lage vollständig unter Kontrolle. Die Razzia selber markiert vielleicht meine schlimmste Erfahrung in dieser Nacht, diejenige die mich am meisten und am nachhaltigsten zum Nachdenken gebracht hat.

Denn als das Licht angeht, der erste Schock überwunden ist und die Mädchen zu realisieren beginnen, was hier passiert, entladen sich Emotionen der Wut, der Trauer und der Angst. Die Mädchen weinen, sie schreien und ich höre Sätze wie: „Why are you doing this“ (Warum tut ihr das?); „Why you don’t allow us to work?“ (Warum erlaubt ihr uns nicht zu arbeiten?), „Go away, I hate you“ (Geh weg, ich hasse dich) und viele gebrüllte „Fuck you“ (Fick dich). Princess sitzt immer noch neben mir und hält mich nach wie vor für einen normalen Kunden – jemanden aus „ihrer“ Welt. Sie umarmt mich, weint und sagt Sätze wie „Keep me here.“ (Behalte mich hier.)

Prostitution aus Verantwortungsbewusstsein

Diese Reaktionen sind schockierend und machen mich fassungslos, demonstrieren sie doch so deutlich, wie manipulativ und effektiv das System Prostitution arbeitet und wie abhängig es seine Opfer macht. Viele der Mädchen sind die ältesten von fünf oder mehr Geschwistern und werden von den Eltern „überzeugt“, dass sie die Verantwortlichkeit haben, die Bildung und das Essen der Jüngeren zu finanzieren. Familienbande sind eine eng in den Philippinen und so überrascht es dann zum Schluss niemanden, dass sich keins der Mädchen freiwillig erklärt, noch minderjährig zu sein.

Daher beginnt ein medizinisches Spezialteam des Jugendamtes, die Gebisse der Mädchen zu untersuchen – die schnellste Methode, um vor Ort das Alter der Mädchen festzustellen. Fünf Minderjährige werden gefunden, vier weniger als in unseren verdeckten Ermittlungen im Vorfeld identifiziert wurden. Wo diese fehlenden Mädchen sind, wissen wir nicht und können wir genauso wenig herausfinden wie den Aufenthaltsort der 16 Jahre alten „Chocolatte“, der Freundin von Arthur B.

Und was macht Arthur B.?

Arthur B. selber hat während dieser eineinhalb Stunden, in denen die Mädchen untersucht und die Geschäftsunterlagen gesichtet werden, nicht viel gemacht. Einmal versuchte er unauffällig und leise die Bar zu verlassen, wurde jedoch aufgehalten. Jetzt sitzt er mit versteinerter Miene an einem der Tische am Rande der Bar und beobachtet was geschieht. Er wirkt verärgert und vielleicht ein wenig überrascht, jedoch nicht verängstigt oder verzweifelt. Vielleicht hat er noch nicht realisiert, dass sein Leben sich an diesem Abend radikal verändern wird. Vielleicht hofft er aber auch auf den Misserfolg der Anklage gegen ihn vor Gericht; vielleicht hat er Kontakte in die höheren Schichten; vielleicht hat er viel Geld auf dem Konto liegen; vielleicht hofft er auch auf alles gleichzeitig. Sowohl die Unfähigkeit der Staatsanwälte und Gerichte: ihre Anfälligkeit für Korruption und ihre Angst vor Druck und Drohungen von Vorgesetzten machen Arthur B.s Hoffnungen nicht vollkommen unrealistisch. In der langen Arbeitsgeschichte von PREDA häufen sich die Fälle von Vergewaltigung und sexuellen Missbrauch, die aus  nicht nachvollziehbaren Gründen aus Mangel an Beweisen vor Gericht gescheitert sind.

Die Beamten beginnen nun die Gäste und die etwa 15 Mädchen, die nicht minderjährig sind, aus der Bar zu bringen und vom Gelände der „Crow Bar“ wegzuschicken. Mein Team und ich machen uns ebenfalls auf dem Heimweg, verfolgt von zwei hartnäckigen Mädchen aus der Bar, die uns drängen, noch zu einem anderen, „besseren“ Club zu gehen. Nach 20 Minuten haben wir sie abgeschüttelt und können endlich nach Hause fahren. Eine kurze Nachbesprechung folgt und um ein Uhr geht es ins Bett.

Was hat sich geändert?

Schlafstelle von mindestens 10 Mädchen.

Schlafstelle von mindestens 10 Mädchen.

Der nächste Morgen beginnt für mich ich mit der Frage: „Was hat sich eigentlich geändert?“
Letzte Nacht konnten wir fünf minderjährige Prostituierte befreien und in einer anderen Razzia, die zeitgleich in einer Bar gegenüber durchgeführt wurde, sechs Opfer von Menschenhandel ausfindig machen. Diese sechs Frauen waren mit Jobversprechungen nach Olongapo gelockt worden und dort, in der Bar Tag und Nacht eingesperrt, gezwungen worden sich zu prostituieren.

11 jungen Frauen wieder eine Zukunft gegeben, ein Grund zur Freude.

Aber noch einmal gefragt: „Was hat sich eigentlich geändert?“
Was sind 11 befreite Frauen gegen die vielen hundert Prostituierten hier in den Orten nördlich Olongapos. Was sind 11 befreite Frauen gegen die tausenden Prostituierten im drei Stunden entfernten Angeles. Was sind 11 Frauen gegen 1 Million sich prostituierende Kinder weltweit. 15 junge Frauen haben wir gestern in der Bar zurückgelassen, weil uns das Gesetz keinen Spielraum einräumt, ihnen zu helfen. Die meisten von ihnen werden noch heute einen neuen Arbeitgeber finden und heute Abend wieder auf der Tanzfläche stehen und versuchen einen Kunden für die Nacht zu gewinnen. Vielleicht ist eine von ihnen erst vor 3 Monaten 18 Jahre alt geworden und wo ist da dann der konkrete Unterschied zwischen ihr und dem 17-jährigen Mädchen, das unter den Geretteten von gestern war?

„Was hat sich eigentlich geändert?“

Was ist mit den Mädchen, die wir retten konnten? Was ist mit Princess? Welche Zukunft wartet auf sie? Wo wird sie hingehen oder hingehen können, wenn sie ihre Therapie und Rehabilitation im Heim abgeschlossen hat? Was kann sie tun, wenn ihre Familie sie verstößt, weil sie kein Geld mehr nach Hause schickt? Wird sie wieder in die Bars gehen, um den Respekt bei den Menschen wiederzuerlangen, die ihr am wichtigsten sind? Und selbst wenn sie es schafft und nicht wieder in das Milieu abrutscht, wird sie für ihr Leben traumatisiert sein. Viele Mädchen, die den Ausstieg geschafft haben, verfallen noch Jahre nachdem sie aufgehört haben sich zu prostituieren, in die Drogenabhängigkeit, werden magersüchtig oder entwickeln Persönlichkeitsstörungen, weil sie mit den Bildern, die sich in ihrem Kopf festgesetzt haben, nicht fertig werden. Und für viele kommt der zusätzliche Schicksalsschlag Jahre später auf einem Papier in der Arztpraxis – Diagnose HIV-Positiv.

Eine Frage, die kaum eine Anwort findet

„Was hat sich eigentlich geändert?“

Diese Frage wächst in mir jeden Morgen und jeden Abend, den ich auf dem Weg zur Arbeit oder nach Hause durch die Orte Baretto und Calapandayan fahre. Vorbei an der „Crow Bar“, die jetzt geschlossen ist, und dutzenden noch offenen Bars. Diese Frage ist wieder präsent, als ich neben Mary sitze und mir ihre Beschimpfungen anhöre und sie verbindet sich mit einem Gedanken:
„Welche Hoffnung gibt es für uns, diese Verbrechen an Kindern und an Frauen zu bekämpfen?“

Ich erinnere mich an einen Satz, den Chris Payne einmal zu mir sagte, als er PREDA besuchte. Chris Payne ist ein ehemaliger Special Agent des australischen FBI und arbeitet schon seit vielen Jahren als Leiter einer Organisation, die privat gegen Menschenhändler ermittelt. In einem langen Gespräch über seine Arbeit ließ er einmal den Satz fallen:
‚There are no happy endings to these trafficking stories.”

Dieser Satz sendet zum Abschluss dieser Artikelreihe die vielleicht wichtigste Botschaft an mich, an PREDA und an euch Leser.
Diese Verbrechen an Kinder sind so schrecklich und hinterlassen unheilbare (!) Narben. Sie dürfen gar nicht erst passieren. Es muss unser erstes Ziel sein, dass durch intensive öffentliche Aufmerksamkeit, strenge Kontrollen und rücksichtslose Strafverfolgung mit hohen Strafmaßen in den Ländern in denen die Verbrechen geschehen und insbesondere auch in den Herkunftsländern der Täter, die Möglichkeit diese Verbrechen zu begehen auf ein Minimum eingeschränkt wird. Wir, das reiche Europa, tragen hier eine Verantwortung in diesem Prozess voranzugehen und auch zusätzlichen Druck auf die Regierungen anderer Länder auszuüben.

Es ist an uns, etwas zu ändern

Wir tragen Verantwortung für die Taten unserer eigenen Bürger, gerade auch für die Taten, die sie im Ausland begehen. Das muss die europäische Strafverfolgung noch stärker verinnerlichen und halbherzigen Task Forces und Kriminalitätsbekämpfungsstrategien durch eine schlagfertige Behörde aufbauen, die effektiv arbeitet und eine echte Bedrohung für Menschenhändler und europäische Pädophile darstellt.
Letztendlich tragen wir auch die Verantwortung für die Krankheit „Armut“ auf den Philippinen, die das Symptom Menschenhandel und Prostitution hervorruft. In unserem uneingeschränkten Luxus mit teuren Autos, großen Haus, iPhone und sonstigen Gadgets geizen wir um jeden Euro, der richtig verwendet in die Entwicklungshilfe fließen könnte und kaufen Billigprodukte von Aldi, Lidl und Netto anstatt den lokalen Produzenten durch faire Preise eine Zukunft zu ermöglichen.

„Was wird sich in Zukunft ändern?“
Antwort: „Nichts, solange wir nichts ändern.“

Sex Tourism is more fun in the Philippines (?)

„I know, I’m going to hell. I know it.“


[1] Name geändert

Geschrieben von:

Luca

Ich bin Luca, 19 Jahre alt und komme aus Kohlscheid bei Aachen. Nachdem ich diesen Sommer mein Abitur bestanden habe freue ich mich jetzt auf meinen 10-monatigen Freiwilligendienst bei der philippinischen Organisation PREDA (Peoples Recovery Empowerment Development Assistance). Für PREDA arbeite ich 4 Autostunden westlich von der Hauptstadt Manila in einem Rehabilitierungsprojekt für jugendliche Kriminelle und Straßenkinder.

13 Kommentare Schreibe einen Kommentar

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    hallo luca!

    vielen dank für deine stellungnahme. leider sind einige aussagen sehr undifferenziert und es werden auch teilweise klischees bedient, die die ngos halt so verbreiten.

    auf einige meiner argumente bist auch gar nicht eingegangen (zb. schweiz,
    oder meine aussage „das ihr auch leben zerstört“ )

    grundsätzlich möchte ich festhalten das ich nie von den philipinen gesprochen habe, sondern ganz allgemein von „kinderprostitution“.das ist klar ersichtlich falls man meinen artikel aufmerksam gelesen hat.

    .leider unterscheidest du nicht zwischen den verschiedenen formen der prostitution, zb. zwangsprostitution, gelegenheitsprostitution , prostitution auf der strasse, in bordellen, in privathäusern, ohne zuhälter, mit zuhälter, mit gewalt oder ohne etc.

    prostituierte werden immer als opfer dargestellt, andere aussagen (selbst von prostituierten selbst werden ausgeblendet,)

    als beispiel zitat aus dem hauptartikel oben, nach dem polizeieinsatz :

    „Why are you doing this“ (Warum tut ihr das?); „Why you don’t allow us to work?“ (Warum erlaubt ihr uns nicht zu arbeiten?), „Go away, I hate you“ (Geh weg, ich hasse dich) und viele gebrüllte „Fuck you“ (Fick dich).

    jugendliche gehen in vielen ländern oft aus eigenen antrieb auf männer (und frauen!) zu um sich etwas dazuzuverdienen. das ist vielfach belegt, ich habe das selbst bei meinen reisen direkt und indirekt mitbekommen, und in etlichen dokus bestätigt bekommen.hier geht es jedoch nicht um die vielzitierte“schüssel reis“ sondern um luxusartikel, um ein handy etc. das die jugendlichen haben wollen.besonders in osteuropa ist diese form von „dazuverdienst“. sehr beliebt.

    und dafür schickt man dann einen mann für jahre ins gefängnis?absurd!

    das schema muss aber unbedingt aufrecht erhalten werden : minderjährige Prostituierte-Opfer Freier-Täter

    ich möchte auch erwähnen das mitlerweile immer mehr frauen die dienste von jugendlichen in anderen ländern nutzen, und auch gern mal einen 16 jährigen mit aufs zimmer nehmen. das wurde schon mehrfach zb. von sri lanka in foren beschrieben. wird aber in dieser konstellation geduldet, und ich halte es auch für ausgeschlossen das diese jungen (hab selbst mit einigen drüber gesprochen) hier einen schaden davontragen.

    eine allgemeine neubewertung der gesamtsituation wäre also angebracht.

    zum thema trauma und prostitution möchte ich anmerken das meine interpretation der studie keinen anderen schluss zulässt als das die prostitution nicht die ursache des traumas ist! warum? die studie meint: Bei 83 % fand sich bereits ein Trauma in der Kindheit (familiäre Gewalt 70 %, körperliche Misshandlung 65 %, sexueller Missbrauch 48 %
    das trauma bestand also schon VORHER!

    sehr wahrscheinlich das traumatisierte kinder später als jugendliche oder erwachsene auch eher in die gewerbsmässige prostitution abrutschen.die ursache kommt aber klar aus der kindheit.der freier ist unschuldig.

    und das ein jugendlicher traumatisiert ist, der in die prostitution GEZWUNGEN wird, dafür brauch ich eh keine studie! das gilt aber auch für erwachsene.

    zur konvention der kinderrechte
    .es war mir bekannt das die usa (und somalia) die „konvention über die rechte des kindes“ nicht ratifiziert haben.
    unterzeichnet aber schon!. nach mehreren internetquellen haben sie das bis heute nicht ratifiziert!

    um die einflüsse erz-konservativer, radikal christlich fundamentalistischer strömungen, des feminismus, etc.auf die politik der usa und in folge auf die uno (ein instrument der us-hegemonie) zu untersuchen, braucht es aber schon einiges an willen und recherche! etwas dreist das alles als verschwörungstheorie abzutun.

    zum thema kinderpornografie, bzw jugendpornografie möchte ich auf einen wikileaks artikel verweisen. geschrieben von einem insider, hat der artikel schlussendlich nur mehr zuflucht auf wikileaks gefunden.

    er zeigt auf wie die politik solch sensible themen für ihre zwecke einspannt, und populistisch die strafen immer weiter verschärft. es gibt bereits fälle von jugendlichen die zu gefängnis verurteilt wurden, weil sie pornografische aufnahmen von sich selbst (bzw. mit anderen) angefertigt haben und diese in umlauf kamen.

    http://wikileaks.org/wiki/Einblicke_in_die_Kinderpornoszene

    lesenswert auch das buch eines insiders aus der deutschen justiz zum einfluss der usa auf die sexualstrafgesetze.

    https://www.ahriman.com/de/produkt/politik-and-zeitgeschichte/uncle-sams-sexualhoelle-erobert-die-welt/60

    in der hoffnung auf eine differenziert- objektive antwort
    lg olga

  5. Luca

    Hallo Olga,
    wie Sie sehen wird Ihr Beitrag sowohl veröffentlicht als auch beantwortet.
    Im ersten Teil widme ich mich Ihrer grundsätzlichen moralischen Kritik an der Strafverfolgung eines Mannes, „der mit einer 16 jährigen aufs zimmer mitgegangen ist, die sich ein taschengeld verdienen wollte?“
    Im zweiten Teil stelle ich einige Fakten klar, die teilweise falsch und teilweise im falschen Kontext von Ihnen präsentiert werden.

    Ihre leichtfertige Darstellung von dem Mädchen, welches mal eben auf ein Zimmer mit einem Mann geht um sich Taschengeld zu verdienen in dem sie ihren Körper verkauft trivialisiert das Geschehen. Prostitution ist nicht das gleiche wie sich durch Zeitung austragen Taschengeld zu verdienen, sondern hinterläßt beinahe immer (83%), insbesonder bei jungen Menschen, traumatische Erfahrungen (Die Prävalenz traumatischer Erfahrungen, Posttraumatischer Belastungsstörung und Dissoziation bei Prostituierten. Eine explorative Studie. Verlag Dr. Kovač, Hamburg 2001). Dabei spielt es keine Rolle ob die betreffende Person 10, 15 oder 20 Jahre alt ist. In diesem Kontext möchte ich gerne einen philippinischen Freund zitieren mit dem ich gestern über Ihren Kommentar gesprochen habe.
    „Die Meinung dieser Person spiegelt ihr fehlendes Wissen über die philippinische Kultur wieder. Ein 16-jähriges Mädchen, das Sex mit einem 60-jahre alten Ausländer haben will um ihr Taschengeld zu verbessern??!! Diese Aussage vereinfacht auf extremste Weise die erbarmungswürdigen Umstände durch die ein (minderjähriges) Opfer gehen muss. Es is eine Ungerechtigkeit, und niemand, niemand von ihnen prostituiert sich Freiwillig auf den Philippinen.“ Wenn sie kein gewaltsamer Zwang in die Prostitution treibt, dann ist es ihre Armut!

    Zu Ihren falschen Fakten und Ihren Verschwörungstheorien bezüglich der Rolle der USA. Es hat eine gewisse Ironie, dass Sie die Rolle der USA doppelt-fälschlich dargestellt haben. Es waren die USA, die die UN Convention of the Rights of the Child verspätet ratifizierten, weil sie unbedingt das Kindheits-Alter auf 16 heruntergesetzt haben wollten um Jugendliche zwischen 16 und 18 in ihre Armee einziehen zu können. Mit dieser Verzögerung haben sie den Kampf gegen die Prostitution von Minderjährigen erheblich erschwert.
    Bezüglich Ihrer Kritik an der fehlenden Wissenschaftlichkeit der Alterseinstufung: Sie haben Recht, dass streng genommen die Phase der Kindheit bis 14 andauert und ein Mensch zwischen 14 und 18 wissenschaftlich als Jugendlicher gilt. Für die psychischen Beeinträchtigungen die dem Opfer entstehen hat dieser Unterschied aber nur eine begrenzte Relevanz, da viele wichtigen Entwicklungen im Gehirn noch bis ins Alter von 24 geschehen.
    Darüberhinaus sind diese Unterschiede zwischen Kindern und Jugendlichen auch im deutschen Strafrecht dargestellt. Pornographische Straftaten gegen Kinder bis zum Alter von 14 Jahren werden strafrechtlich als Kinderpornogrraphie verfolgt, wogegen pornographische Straftaten gegen Jugendliche unter vollständig verschiedenen juristischen Vorraussetzungen als Jugendpornographie verfolgt wird.
    Ich freue mich auf Ihre Antwort.
    Mit freundlichem Gruß

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    bin gespannt ob mein beitrag hier veröffentlicht wird bzw stehenbleibt.

    .ich bin der meinung das der westen im kampf gegen „kinderprostitution“ schon weit über das ziel hinausgeschossen ist.

    was ist das eigentlich, ein „kind“?
    die uno (unter der führung der puritanischen usa) hat es ja geschafft der ganzen welt einzureden das ein kind alles unter 18 ist. was wissenschaftlich ja völliger humbug ist. wissenschaftler und experten definieren kind meist bis 12 oder 14 jahre.
    erstaunlich oder? und so hatten auch sehr viele länder bis vor wenigen jahren noch schutzalter in diesem bereich.historisch betrachtet ist die jetzige phase der ächtung von jugensexualität einzigartig und grotesk.

    auch die schweiz erlaubte bis vor kurzem prostitution ab 16 jahre. die schweizer alles kinderschänder? nur auf druck der usa wurde das aufgegeben!

    das was wir hier beobachten können sind die auswüchse von hysterischen und aufgehetzten kinderschützern und feministinnen die unter der führung der prüden usa glauben sie müssten die welt mit aller gewalt verbessern.
    auch ich bin gegen gewalt und zwangsprostitution, aber warum zb.einen mann einsperren der mit einer 16 jährigen aufs zimmer mitgegangen ist, die sich ein taschengeld verdienen wollte?
    jugendliche sind nicht so unbedarfte wesen wie es die ngos immer darstellen.hier wird mit kanonen auf spatzen geschossen, und schon gibt es eine neue hexenjagd auf angebliche „kinderschänder“.unschuldige die nur sex mit jugendlichen hatten (was ja sogar in den meisten ländern europas legal ist) wandern für lange zeiten hinter gittern.
    sie zerstören genauso leben,wie manche zuhälter die mädchen unter zwang und drogeneinfluss ausbeuten! meine damen und herren, denken sie mal drüber nach!

  7. Avatar-Foto

    Hallo Luca

    Ich war selbst 7 Monate in den Philippinen um dort mein Praktikum für mein Studium zu absolvieren. Momentan muss ich einen Bericht über Kindersextourismus in den Philippinen schreiben worauf ich auf diesen Artikel stiess.
    Das was du in deinem Bericht beschrieben hast, weckt in mir viele Erinnerungen. Man geht in ein Land, das völlig anderst ist als sein Heimatland. Man wird in eine Welt ‚gerissen‘ welche man so nur von Filmen oder Zeitschriften kennt. Und auf einmal steht man in Mitten dieser Welt. Ich hatte anfangs ziemliche Probleme damit…
    Ich war in Cebu City und auch da habe ich täglich miterlebt wie der Sextourismus ‚gefördert‘ wird. In Cebu City sieht man nicht viele weisse Menschen, aber jene Weissen die dort waren, waren alte Männer mit einer jungen Filipina an ihrer Seite. Widerlich!
    Ich erhielt auch Anfragen (arbeitete in einer Art Reisebüro) von Männern, ob wir Ihnen auch Frauen vermitteln können.
    Es macht mich traurig und stimmt mich nachdenklich. In was für einer Welt leben wir eigentlich? Wie können wir, jene denen es gut geht, die alles haben, noch jene ausbeuten, welche nichts haben? Wo sind wir nur gelandet und wie kann Mann das verantworten? Wie kann man seine Lust auf eine solche Weise stillen? Kinder, noch nicht einmal Volljährig, arm, um ihre Familie besorgt, von dieser gedrängt. Und wir wissen nichts besseres, als dies auszunutzen.
    Und doch, was können wir dagegen tun? Das ist deren „Leben“ und deren Weg, wenigstens ein bischen Geld zu verdienen. Es gibt schon so viele Organisationen gegen Kindersextourismus. doch was bewirken sie wirklich…?

  8. Luca

    An dieser Stelle möchte ich mich zunächst bei allen Lesern, die diesen und alle meine vergangenen Artikel kommentiert haben herzlich für ihr Feedback und ihre Unterstützung bedanken und zugleich auch kurz auf den letzten Kommentar von Jimmy eingehen, da er meiner Meinung nach einige interessante Aspekte erzählt.
    Lieber Jimmy,
    vielen Dank für deinen langen und ausführlichen Kommentar und für deine Anregungen, die vielen interessanten Diskussionsstoff beinhalten. Ich kenne das von dir erwähnte Buch und habe es selber gelesen; Entschuldigung bitte für meine verspätete Antwort, doch da ich erst seit wenigen Wochen wieder in Deutschland zurück bin, ist so einiges liegen geblieben an Arbeit.
    Mein Kommentar:
    Ja, wir tragen Verantwortung für die Krankheit „Armut“ auf den Philippinen und in den Länder des globalen Süden.
    Nein, wir tragen nicht die alleinige Verantwortung. Du hast Recht, die Filipinos haben mit jahrelanger Misswirtschaft und Korruption und einem demokratischen System, welches sich stets an der Grenze oder auch jenseits der Grenze zur Oligarchie befindet, ihren eigenen Teil hierzu beigetragen.
    Dieser Fakt entbindet uns jedoch weder von unserer historischen Verantwortung noch von unserer gegenwärtigen Verantwortung, die das System Ausbeutung aufgebaut hat und heute noch unterstützt.
    Durch den Kolonialismus damals und durch unsere Konsum-Wirtschaft und die Politik unseres Landes heute, unterstützen wir das Machtgefüge auf den Philippinen und die Unterdrückung der Armen. Wenn wir hier unsere Verantwortung als Europäer für das Handeln unserer Politik, der von den westlichen Staaten dominierten Weltbank und „unseren“ Eliten, wie du sie nennst, von uns zu schieben und auf sie abzuwälzen, machen wir es uns zu einfach.
    Ich bin in meinen elf Monaten auf den Philippinen – wie du es ja auch erwähnst – einer wachsenden Zahl Filipinos und Filipinas – jung und alt; Unterschicht bis obere Mittelschicht; Land- und Stadtbevölkerung – begegnet, die sich über die Politik und das System empören und anfangen zu handeln. Menschen, die auch keinen Machismo und Bevormundung egal von wem oder welcher Institution tolerieren. Es sind Fortschritte da und ich wünsche mir und bin auch zurückhaltend zuversichtlich, dass eine bessere Zukunft bald möglich ist.
    Ich wollte mit den Aussagen auch keine Schuldgefühle und erzwungenes Verantwortungsbewusstsein wecken. Vor diesem Hintergrund kann keine Hilfe und kein Wechsel in dieser Welt entstehen.
    Eine Veränderung und eine neue Ära der kulturellen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den Industriestaaten und den Ländern des globalen Süden erreichen wir nur durch gegenseitige Solidarität und Respekt voreinander.

    Zum Thema Prostitution – ein sehr kontrovers diskutierbares Thema, für das es wohl keine Lösung gibt.
    Ja, du hast Recht, die Ausländer machen auf den Philippinen, so wie in allen asiatischen Ländern, den geringen Teil der Bordellbesucher aus und in meinem Gespräch mit ehemaligen oder gegenwärtigen Prostituierten wurde mir wiederholt berichtet, dass sie weiße Kunden bevorzugen, da sie sowohl umgänglicher sind als auch großzügiger in der Bezahlung im Vergleich zu den Kunden philippinischer Abstammung.
    Ich bin ein entschiedener Gegner davon, dass sich NGO’s nur auf Bars mit ausländischen Kunden konzentrieren und kann jedoch auch ihren Überlebensinstinkt nachvollziehen, der sie dazu zwingt öffentlichkeitswirksame Aktionen zu priorisieren.
    Grundsätzlich denke ich ist es hoffnungslos auf ein Ende der Prostitution zu hoffen, die wird es immer geben, gibt es ja schließlich auch nicht zu knapp im reichen Deutschland und wird nicht umsonst auch das älteste Gewerbe genannt.
    Für mich ist sind hier für die Prostitution egal in welchem Land der Welt drei Punkte entscheidend:
    – der Schutz von Kindern und Minderjährigen (je höher wir es schaffen, die Altersgrenze zu fixieren, desto besser)
    – der gesundheitliche und rechtsstaatliche Schutz der aktiv Arbeitenden bei der Ausübung ihres Gewerbes (aber bitte nicht durch eine so katastrophale Legalilisierungs- und vermeintliche Arbeitsschutzmaßnahmen wie kürzlich beschlossen von der deutschen Politik)
    – Angebote und die aktive Unterstützung für Ausstiegwillige.

    Zuletzt noch einen letzen Kommentar zu einem Punkt den du mehrfach ansprichst und der mich selber im Kontext dieser Razzia und dem Thema Prostitution vielleicht am meisten beschäftigt.
    Wie sehr schaden, beziehungsweise helfen wir den Mädchen, die wir retten?
    Dass wir den Mädchen, die in der Bar arbeiten, aber die wir aufgrund ihrer Volljährigkeit nicht dazu „zwingen“(auf dieses Wort werde ich später eingehen) können mit uns zu gehen und sich zu therapieren, schaden wir definitiv. Wie im Artikel beschrieben war diesen Aspekt sehr unmittelbar zu leben sicher einer der traurigsten und Erfahrungen, die ich in dieser Nacht gemacht habe.
    Unglücklicherweise ist dies eine notwendige und häufig auftretende Erfahrung, dass man so gut wie nie allen helfen kann. Das die volljährigen Mitarbeiter ihre Arbeit verlieren sehe ich heute als leider notwendige Konsequenz an um den Schutz der Kinder zu garantieren.
    Es ist auf der anderen Seite auch Fakt, dass die betroffenen kurzfristig „Arbeitslosen“ in Olongapo nicht sehr lange nach Arbeit suchen müssen.
    Die Mädchen, die ins Heim kamen und die eine Therapie unterliefen hatten in der Nacht der Razzia entschiedenen Widerstand gegen ihre „Rettung“ geleistet. Nachdem ich einige Wochen im Anschluss das entsprechende Heim in einem anderen Zusammenhang besuchte unterhielt ich mich mit der für die Mädchen zuständigen Sozialarbeiterin. Laut ihrer Aussage waren die aus der Crow Bar geretteten Mädchen gut im Heim integriert und bereiteten sich gerade darauf vor ihren Schulbesuch wiederaufzunehmen. Auch erzählte sie mir wie sehr diese im Durchschnitt 17 Jahre alte Mädchen in den letzten Wochen wieder kindlicher geworden waren.
    Eine Beobachtung, die ich bei den Kindern in unseren Heimen auch oft machte. 17 Jahre alte Jungen oder Mädchen, die durch die Erfahrungen in ihrem Leben bereits „erwachsen“ geworden waren, in der Umgebung des Heims wieder viel gelöster waren und an Kindlichkeit zulegten. CHILDHOOD FOR CHILDREN. Kindheit für Kinder ist ein Bedürfnis und ein Recht, das jedes Kind in sich trägt und wonach sich jede_r junge Erwachsene_r, der/dem dieses Recht in der Vergangenheit verwehrt wurde, zurücksehnen wird.
    Vielleicht ist das letzendlich der entscheidenen Punkt an den jede Gesellschaft und auch jeder Mensch (mit einem sozialen Gewissen) ganz individuell in die Pflicht genommen werden muss, Kinder und Jugendliche vor Situationen zu schützen, in denen Druck durch ihre Lebenssituation oder auch durch dritte Personen auf sie ausgeübt wird und sie in ein Leben hineinzwängt, in denen sie ihre Kindheit von der einen auf die andere Sekunde hinter sich lassen. Auch wenn das subjektive Empfinden des Opfers der Prostitution in dem jeweiligen Moment ein anderes Bedürfnis priorisieren wird, wobei es von den manipulativen Einflüssen des Systems Geld und Prostitution hierzu verleitet wird.
    Zu sagen die Familie ist ja abhängig von deren Einkommen, das ist halt das Familiensystem, oder auch der Lieblingsspruch Nummer 1 von den Besucher solcher Etablissements: „Die wollen und brauchen das ja!“, darf niemals toleriert werden.

    P.S. Mit meinem Freiwilligenjahr geht auch meine aktive Zeit als Misereor-Blogger vorerst zu Ende. Ich bleibe Preda und den bisher diskutierten Themen, aber weiter verbunden und freue mich über Leser auf meinem Blog: worldis.jux.com
    Liebe Grüße
    Luca

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    Du sagst: „Letztendlich tragen wir auch die Verantwortung für die Krankheit “Armut” auf den Philippinen, die das Symptom Menschenhandel und Prostitution hervorruft.“ Nein, das tun wir nicht! Daran sind die Pinoys selbst schuld. Sicher nicht die, denen es eh schon schlecht geht, aber die paar Prozent, die 15 Familien, denen quasi fast alles gehört und die verantwortlich sind für die Knappheit an allem (Ressourcen, Bildung, Medizin) auf den Philippinen. Es sind Familien wie die Lopezs oder Ayalas, die sich mit großen Versprechen das ehemals staatliche Wassersystem und dessen Verteilung gesichert haben, mit Versprechen, auch den letzten Slum mit Wasser zu versorgen. Versprechen die nie eingelöst wurden. Nun kostet das Wasser mehr als vorher und zwingt noch mehr Menschen ihr Wasser zu überhöhten Preisen bei Wasserhändlern in Kanistern zu kaufen. Betroffen davon sind hauptsächlich die Armen, die sich einen Wasseranschluss nicht leisten können. Es sind die Reichen und Mächtigen, die Landbesitzer, die schon zu Reichtum gekommen sind in der Kolonialzeit, weil sie mit den Besatzern paktierten und sich so Landtitel sichern konnten, die heute immer noch die Philippinen und die Menschen hier ausbeuten. (Diese stellen auch die Politiker, denn Wahlkampf kostet Geld und muss privat finanziert werden.)

    Diese Ausbeutung hängt auch mit der Mentalität der Philippinos zusammen. Für den familienorientierten Pinoy steht er und sein Clan an erster Stelle. Ein Gewissen und eine Verantwortlichkeit gegenüber schlechter gestellten Menschen hat er dabei sehr selten. Es ist den meisten Pinoys eigen, sich mit allen erdenklichen Mitteln einen Vorteil für sich und seinen Clan zu verschaffen. Das andere dadurch benachteiligt werden, wird billigend in Kauf genommen. Dies gilt in besonderem Maße auch für das Verantwortungsempfinden der Politiker gegenüber den Menschen dieses Landes. Ich weiß, dass das stark am Klischee des Pinoys vom ewig lächelnden und freundlichen Menschen rüttelt. Zugegeben, es gibt Ausnahmen und ich kenne welche, aber die sind selten.

    Nun zum Thema Prostitution: Wenn ein Bordell schließt, ist das für das Mädchen extrem problematisch, denn sie muss sich einen neuen Laden suchen, was mit finanziellen Einbußen für sie einhergeht. Prostitution, vor allem mit Ausländern, ist für viele hier die einzige Möglichkeit ein vernünftiges Einkommen zu generieren. An dem, was das Mädchen verdient hängen oftmals ganze Familien mit bis zu 15 hungrigen Mäulern. Oftmals sind es auch Singlemums, die anders kein Geld verdienen können, die nur eine schlechte Schulausbildung bekommen haben und deswegen keinen Job finden können. (In Manila benötigt schon eine einfache Kassiererin einen höheren Schulabschluß. Wenn sie dann einen der begehrten und schlecht bezahlten Jobs bekommt, ist dieser oft auf drei Monate befristet, denn danach müsste der Arbeitgeber offiziell Lohnnebenkosten aufwenden.)

    Warum ist die Schulausbildung schlecht? Weil die Familie kein Geld hatte für eine gute Ausbildung. Warum kostet gute Bildung auf den Philippinen Geld? Weil die Mächtigen überhaupt kein Interesse daran haben, eine breite Bevölkerung mit einem breiten Allgemeinwissen zuzulassen, denn damit würden sie ihre eigene Position unterminieren, denn gebildete Menschen sind oft in der Lage sich kritisch eine Meinung zu bilden und diese zu äußern. Das Argument andersrum: Dumme und Arme lassen sich eben leichter kontrollieren, denn wer jeden Tag um eine Hand voll Reis kämpfen muss, hat keine Zeit sich kritische Gedanken zu machen.

    Warum gibt es so viele kinderreiche Familien und Singlemums auf den Philippinen? Weil die katholische Kirche den Mensch hier erzählt, die Anwendung der Pille und von Kondomen sei eine Sünde. Und so haben dann eben 25 Jährige fünf Kinder, oder 16 bis 19 Jährige zwei oder mehr. Der Vater ist natürlich oft längst weg, denn Verantwortung zu übernehmen ist ebenfalls keine Stärke der Pinoys.

    Dafür aber der Machismo (Tagalog: Babaero=Macho). Und diesen lebt der Pinoy aus. Es ist richtig, es gibt Hochburgen des Sextourismus auf den Philippinen und in ganz Südostasien. Was die meisten nicht wissen: die ausländischen Bordellbesucher machen auf den Philippinen weit unter 20% aus, das ist nicht mal ein Viertel. Daraus folgt, dass die Pinoys selbst wie die Irren in die Bordelle rennen. Ich lebe in einem ganz normalen Wohnviertel in Manila, in einem kleinen Umkreis, gibt es hier fünf oder sechs KTV Bars, wie man diese Etablissments auch nennt. Da es hier keine Weißen gibt, ist das Klientel philippinisch. Wenn man sich dann diese Spelunken im Vorbeigehen anschaut, dann kommst man leicht zu dem Gedanken, dass die Mädchen da noch viel weniger verdienen als in einem Touristenbordell. (Ich schätze nicht mehr als 500 bis 1000P.) Razzien gibt es da wohl auch keine, denn die international agierenden NGOs schauen nicht auf diese Läden, denn mit denen kann man keine Schlagzeilen machen und somit auch kein Geld sammeln. Und die Polizei? Welches Interesse sollte die schon haben, so ein Bordell zu schließen? Schließlich können sie dann in diesem Laden nicht mehr umsonst pöppen oder die Mädchen vergewaltigen, denn Prostitution ist hier illegal und die Mädchen damit erpressbar.

    All das ist alltägliche Realität auf den Philippinen und besonders ist Manila.

    Ich finde deine Arbeit und die von vielen NGOs eigentlich gut, auch wenn viele Problematiken ausgeblendet werden, weil diese nicht populär sind und man somit mit ihnen auch kein Fundraising betreiben kann. Außerdem ist kritisch einzuwenden, dass es oft nur eine Bekämpfung der Symptome und nicht der Ursachen ist.

    Was ich nicht gut finde, ist zu sagen, dass wir Europäer für all das verantwortlich sind. Natürlich gibt es Schweine, die hier hin kommen um Sex mit Kindern zu haben, was Entführungen sicher Vorschub leistet und natürlich ist vor diesem Hintergrund jeder noch so kleine Ansatz dies zu Unterbinden besser als keiner. Auch kommen viele hier hin, weil eine Prostituierte hier billiger ist, als z.B. in Deutschland. Das bedeutet aber, das diese Personen allenfalls Nutznießer und Vorschubleister der hiesigen Umstände, aber nicht der verantwortliche Urheber sind.

    Der europäische Beitrag liegt auf einer ganz anderen Ebene, wofür der einzelne Europäer nicht verantwortlich ist, dafür aber eine Elite, die Beschlüsse fast unbemerkt von der Öffentlichkeit fasst. So ist die Lopez Familie (Maynilad) oder auch die Ayala Familie (Maynila Water) nur in die Position gekommen, sich die Rechte auf die öffentliche Wasserversorgung zu sichern, weil die ehemals staatliche Wasserversorgung privatisiert wurde. Dies geschah auf Druck der Weltbank, die an die Vergabe weiterer Kredite an den philippinischen Staat s.g. strukturelle Anpassungsprogramme knüpfte, darunter eine Privatisierung der Wasserversorgung sowie auch anderer staatlicher Dienstleistungen und eine Entwicklung hin zum neoliberalen Wirtschaftssystem.

    Mit gefällt dein kritischer Ansatz deiner eigenen Arbeit, der in der Frage „Was hat sich eigentlich geändert?“ kumuliert. Die Frage nach Veränderung ist es auch, die gestellt werden muss, wenn es in diesem Land Veränderungen geben soll. In der Tat ist es so, dass es eine Entwicklung gibt, dahin gehend, dass sich selbst bei den Armen ein politisches Bewusstsein entwickelt, welches beinhaltet, dass sie wissen, das sie es sind, die bei Wahlen den stärksten Faktor bilden, da sie die meisten Stimmen haben. Ich sehe hier den Ansatz einer positiven Entwicklungsmöglichkeit für das Land. Es gibt auch eine kleine, aber wachsende Mittelklasse gibt, die zunehmend politische Entwicklungen und das politische System in Frage stellt. Ob und was sich daraus entwickelt, wird in der Zukunft zu sehen sein.

    Die meisten Argumente, die ich hier verwende, beruhen auf folgendem Werk:

    Handbuch der Philippinen. Hrsg.v. Niklas Reese u. Rainer Werning. 3. Aufl, Bad Honnef: Horlemann, 2009.

    Falls du Lust hast, deinen Horizont zu erweitern, so wünsche ich die viel Spaß beim Lesen! Gerne kannst du auch mit mir in eine Kontroverse treten.

    Lg, Jimmy Loco

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    Hallo Luca.
    Dachte spontan an den Satz „Ich kann gar nicht soviel essen wie ich ko…. möchte“, als ich deinen Bericht gelesen habe. Und ist es nicht irgendwie absurd, dass ich mir tatsächlich fast 24/7 soviel Essen kaufen kann wie ich will? Bis mir schlecht wird? Während diese Mädchen für GRUNDbedürfnisse sich selbst verkaufen müssen. Mir fallen zwei Artikel ein, die ich kürzlich gelesen habe : der eine stand in der Aachener Zeitung, über eine Zwangsprostituierte, der in AC die Flucht aus ihrem „Gefängnis“ gelungen ist. Das ist wohl ein sehr deutliches Signal, dass Menschenhandel nicht nur weit weit weg stattfindet sondern in unserer globalisierten Welt schon längst vor unserer Tür passiert. Wo bleibt die öffentliche Wahrnehmung??? Und der massive Druck auf die politischen Entscheidungsträger?
    Der zweite Artikel ( in „Der Freitag“ ) handelte vom Sinn bzw. Unsinn des FairTrade-Einkaufens. Tendenziell in die Richtung : bringt ja eh nix, ist ja immer noch Kapitalismus. Könnt ich platzen, denn damit macht man es den „Geizigen“ so leicht zu sagen „bringt ja nix, teuer Fairtrade zu kaufen…“ Natürlich ist fairgehandelte Waren einzukaufen ein ziemlich einfacher& komfortabler Weg – aber es ist ein Weg. Eine Entscheidung, die man bewusst treffen sollte, die hoffentlich langfristig dazu führt, dass genau „deine Klienten“ irgendwann – mit völlig neuen Handelsstrukturen – ihren Lebensunterhalt menschenwürdig verdienen können.
    Es gibt ein schönes Buch mit dem Titel „Grund zur Hoffnung“ (Jane Godall), immer wenn ich daran zweifel – denke ich an dich & deine Mitfreiwilligen wo-auch-immer. IHR seid mein Grund zur Hoffnung!!! So intensiv & nachhaltig wie ihr durch eure Einsätze geprägt worden seid – nehmt gerne unsere Zukunft in die Hände, ich glaube dann wird DAS noch was!!!
    In diesem Sinne, keep the faith & ingat
    von nini & micha

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    Lieber Luca!

    Von Herzen Danke für deine Artikel, die schockieren, einem Tränen in die Augen bringen und uns erschütternd aufzeigen, zu was Menschen fähig sind. „Was hat sich geändert?“ denke ich auch ganz schön oft hier. Die Frage ist immer mit dabei, spuckt als unlöschbare Melodie in meinem Kopf herum. Aber gleichzeitig ist sie auch Motivation und Antrieb, weiterzumachen, damit sich irgendwann irgendetwas ändert.
    Und deine Artikel ändern schon etwas, unser Denken, unsere Einstellung. Das ist, was wir brauchen,damit wir alle zusammen etwas erreichen können!

    Liebste Grüße aus Tansania

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    Puhhh, Luca. Das ist wirklich desillusionierend. Ich frage mich auch, wie oft die Mitarbeitenden von Preda total frustriert sind über diese Tatsachen. Aber trotzdem machen sie ihre wichtige Arbeit weiter. Und es ist gut, dass uns hier in Deutschland immer wieder jemand ins Gewissen redet. Weil man es sich auch nicht wirklich vorstellen kann. Man geht von ganz anderen Voraussetzungen aus und denkt: „Mensch, die müssen doch froh sein!“ Tja, dein Artikel hat uns etwas anderes gelehrt. Danke …!

    Liebe Grüße aus Aachen, Uta

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    Hallo Luca,
    war auf Deine Fortsetzung gespannt und doch überrascht. Mir war bisher nicht sooo klar, dass die Vergewaltigung so viel tiefer ansetzt: durch die Forderung der Familien und die Liebe zu ihnen. Diese falsch eingepflanzte Definition von „Füreinander dasein“ ist ja genauso übel, wie das eigentliche Geschehen. Wie abgrundtief und grundlegend ist doch das Selbstvertrauen und das Recht auf Selbstbestimmung durch äußere Einflüsse zerstört worden, dass es so nachhaltig wirkt, dass die Mädchen selbst nach Jahren irgendwann keinen Mut mehr haben und keinen Ausweg mehr sehen, als sich weiter zu zerstören – egal ob auf die gleiche oder eine andere Art.

    „Was wird sich in Zukunft ändern?“
    Antwort: „Nichts, solange wir nichts ändern.“

    Deiner Antwort möchte ich noch etwas hinzufügen:
    “ … und wir müssen es gemeinsam tun! Bei einem solchen Thema darf es keine Zersplitterung und Grabenkämpfe geben – es MÜSSEN sich alle am Thema arbeitenden UNBEDINGT einig sein und diese Geschlossenheit auch nach Außen deutlich machen. Ansosnsten wird das Thema nur einen anderen Ort des Geschehens wählen oder eine neue, noch schrecklichere Strategie entwickeln.“

    Viel Kraft weiterhin. Manuela

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