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Schrift der Bischöfe stößt Entwicklungsdiskussion an

Es ist eine schlichte, grün-weiße Broschüre, aus der Bischof Bouchard auf der Pressekonferenz vorliest. Doch so unscheinbar sie daher kommt, so brisant wirkt die Denkschrift der Bischöfe. Ihre Veröffentlichung war lange verschoben worden, weil ihr allzu harte politische Tatsachen entgegenstanden.

Präsentation der Denkschrift

Präsentation der Denkschrift

Erst stand die skandalöse Ausweisung des italienischen Bischofs Russo einer Vorstellung im Weg, dann forderte die Staatstrauer um die jüngst in Mali gefallenen tschadischen Soldaten ihr Tribut, und die Debatte wurde abermals vertagt.

Eingepfercht in den viel zu kleinen, durchs Scheinwerferlicht zusätzlich überhitzten Konferenzraum, notieren die Medienvertreter genau die für hiesige Verhältnisse fast unerhörten Töne und Zwischentöne, die die Denkschrift anschlägt. Ihre offenen Rückfragen zeigen, dass da eine kritische Botschaft angekommen ist.

Gesellschaftspolitische Stellungnahmen, bei uns eine Selbstverständlichkeit, sind in N’Djaména eine Seltenheit; zumal solche von einiger Substanz. Insofern begegnet die Schrift der Bischofskonferenz hier einer echten Leerstelle. Und es wäre großartig, wenn sie zum Weiterdenken anregt. Denn sie stellt höchstens den Anfang eines dringlichen Diskurses dar.

„Die Herausforderungen der nächsten fünfzig Jahre“ heißt der wuchtige Titel (50 Jahre – das ist hier immerhin ein ganzes Leben!). In ihrem Kern geht die Broschüre auf die bischöfliche Weihnachtsbotschaft von 2010 zurück, als die Nation auf 50 Jahre Unabhängigkeit von der französischen Kolonialherrschaft zurückblickte. Die fünf Kapitel kreisen um Demokratie und Menschenrechte, Bildung, Stellung der Frau, Gesundheit und ländliche Entwicklung sowie Nutzung der natürlichen Ressourcen (Erdöl).

Grundlage für alles Weiterkommen seien Menschenwürde, Recht und Gerechtigkeit betont Bischof Bouchard, als er auf die Fragen der Presse reagiert. Der Staat müsse wählen, ob es ihm um spektakuläre Prestigeprojekte oder aber die menschliche Entwicklung gehe. Aufbau der Nation sei nicht ohne Achtung der Vielfalt – statt vorherrschendem Partikularismus – zu haben, hilfreich seien allerdings die „afrikanischen Werte“ von Solidarität oder Brüderlichkeit.

Was von bleibender Bedeutung sein könnte, ist das Plädoyer für mehr Partnerschaft zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Akteuren (anderswo nennt man Ähnliches wohl „PPP“, Public Private Partnership), das sich wie ein Leitmotiv durchs Memorandum zieht. Das scheint nur realistisch. Denn die Aufgaben sind zu gigantisch, als dass sie Einzelne zu schultern vermögen. Bouchard führt als Beispiel die Notwendigkeit an, dass sich Entwicklungspartner zusammentun, damit die überfällige „Neubegründung“ des Schulwesens im Analphabeten-dominierten Tschad eine Chance bekomme.

In den kommenden Wochen will man die Denkschrift bis auf Gemeindeebene hinab, fernab der Hauptstadt, verbreiten. Wer weiß, was dann von der Basis her noch für Widerhall zurückkommt, nach oben und ins Zentrum des Landes.

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Andreas Kahler leitete seit April 2012 die MISEREOR-Verbindungsstelle in N`Djaména/Tschad. Seit 2018 ist er Leiter der Verbindungsstelle in Abuja/Nigeria. In seiner Arbeit kümmert er sich um den guten Dialog mit den Partnern von MISEREOR und begleitet die Projekte.

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