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Tampakan: Tagebau und Sprachengemisch auf den Philippinen

Wie kompliziert das Umfeld ist, in dem einer der weltweit grössten Bergbaukonzerne eines der weltweit grössten Löcher zu graben gedenkt. Obwohl es ihm – und allen anderen Beteiligten – absolut unmöglich ist, alle Auswirkungen davon vollständig zu verstehen. Das wurde klar, als eine Studie zur geplanten Tampakan Kupfer-Gold Mine jetzt in den Philippinen präsentiert wurde.

Ein Vertreter der Blaan vor einer englischen Präsentation

Die Blaan und Englisch: Wenn Indigene, Philippinen und Ausländer miteinander sprechen wollen.

Tag 1, General Santos/Philippinen: Wenn die Ausländer immer Englisch, die Vertreter des Bergbaukonzerns immer Tagalog, die NGO-MitarbeiterInnen und die katholischen Kleriker immer Bisaya (die wichtigste Sprache Mindanaos) und diejenigen, die auf den Philippinen IP, indigenous people, genannt werden, immer in ihrer „Stammessprache“ Blaan gesprochen hätten, dann wäre es einfach gewesen: Wer die betreffende Sprache kann, hört zu, wer nicht, hofft auf eine Übersetzung – oder isst die mit Thunfischpaste bestrichenen Weißbrotscheiben, die gleich zu Beginn der Präsentation des Human Right Impact Assessment vor jedem der gut 80 TeilnehmerInnen abgestellt wurden. General Santos, im Süden Mindanaos, gilt nicht umsonst als die Thunfischhauptstadt der Philippinen.

Aber einfach waren hier nur die Ausländer, denn die geben sich in den Philippinen tatsächlich so gut wie nie die Mühe, eine der einheimischen Sprachen zu lernen – egal ob sie in einem Wirtschaftsunternehmen oder der Auslandsvertretung ihres Landes tätig sind: „Wozu? Können doch alle Englisch hier…“

Das Bergbaugesetz gibt es nur auf Englisch

Nein, können sie nicht. Was es ihnen nicht leichter macht, die menschenrechtlichen Folgen des in ihrer Heimat geplanten Kupfer-Gold-Tagebaus abzuschätzen. Das philippinische Bergbaugesetz aus dem Jahr 1995, gibt es zum Beispiel weder auf Blaan, noch auf Bisaya, noch auf Tagalog, sondern wirklich nur auf Englisch.

Deutsche WissenschaftlerInnen des renommierten Instituts fuer Entwicklung und Frieden (INEF) verbrachten – auf Anfrage MISEREORs und unterstützt von der philippinischen Menschenrechtskommission – mehrere Monate mit dem Studium relevanter Gesetze, Evaluierungen und Nachrichten und anschliessend mehrere Wochen für gedolmetschte Interviews in den Philippinen. Die Ergebnisse dieser Arbeit wurden zuerst in General Santos und dann auch in der Hauptstadt Manila präsentiert.

Die „Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte“ dolmetschen

Präsentation der Tampakan-Studie in General Santos

Präsentation der Tampakan-Studie in General Santos: Ein Sprachgemisch aus Englisch, Tagalog, Bisaya und Blaan.

Und das war gar nicht einfach. Die von dem UN-Sonderbeauftragten John Ruggie erarbeiteten Leitprinzipien für Wirtschaft und .Menschenrechte in eine „Stammessprache“ zu übersetzen war für den ersten Dolmetscher zu viel: erst wollte er, dass die Referentin ihn anstatt des Publikums ansah, aber nach einer halben Stunde musste er ganz aufgeben. Zum Glück war sein Ersatz besser und hielt bis zum Schluss durch. Es folgten die Kommentare. Ein  Bischof rief (auf Englisch) dazu auf, die Blaan in ihrem Kampf um Selbstbestimmung zu unterstützen. Vier weitere Repräsentanten, vor allem vom Militär und der bewaffneten Paramilitärs in der Region, sprachen dagegen in einem an den Turmbau zu Babel erinnerenden Sprachgemisch. Dabei wurden nicht nur Fachausdrücke wie indigenous people, informed consent, stakeholders, chairperson, ancestral domain, endorsement and approval process, sondern auch ganz normale Satzteile wie so this is the reason why und very recently und and I think this must plötzlich auf Englisch gesagt, dann kam wieder ein Teil in Tagalog oder Bisaya, dann ging es wieder auf Englisch weiter… eben so, wie man in den Philippinen spricht.

Teil 2 lesen: „Tampakan: Kritik an der Menschenrechtsstudie“

 

Mehr Infos zum Tampakan Kupfer-Gold Minenprojekt

Interview mit Father Joy: „Wir kämpfen für unser Recht zu Leben“

 

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Wolf Kantelhardt unterstützt seit 2005 chinesische Partnerorganisationen im China-Verbindungsbüro von MISEREOR. Seit elf Jahren lebt er in der Volksrepublik China. Wolf Kantelhardt studierte Betriebswirtschaftslehre und Sinologie an der Universität Trier, interessiert sich für Übersetzungen und läuft, wenn die Feinstaubbelastung PM 2,5 unter 35 Mikrogramm pro Kubikmeter sinkt.

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