Was haben der Schokoriegel für den kleinen Hunger zwischendurch, die Biosprit-Tankfüllung fürs vermeintlich gute Gewissen und die Kerze für den entspannten Abend gemeinsam? Einen Inhaltsstoff: Palmöl.
Indonesien produziert gemeinsam mit Malaysia 90 Prozent des Palmöls, das auf dem Weltmarkt gehandelt wird. Die Käufer sitzen vor allem in China, Indien und der Europäischen Union (EU). Vom Palmölboom profitieren derzeit: internationale Unternehmen und korrupte Politiker. Unter dem Palmölboom leiden: die Bevölkerung und die Umwelt. Die MISEREOR-Partnerorganisation WALHI setzt sich dafür ein, dass sich das ändert.
Die Plantagen
Auf zwölf Millionen Hektar Land werden in Indonesien aktuell Ölpalmen angebaut. 15 Millionen weitere Hektar sollen hinzukommen. Schon heute führt die Monokultur zur Verarmung der Böden, zur Verschmutzung des Trink- und Grundwassers. Regenwaldflächen werden gerodet und Menschen von dem Land vertrieben, auf dem sie seit Generationen leben. Andere können sich nicht mehr frei bewegen, weil ihre Dörfer von Plantagen eingeschlossen sind. Und die Arbeiter auf den Plantagen schuften unter teils menschenunwürdigen Bedingungen.
„Verdoppelt sich die Zahl der Palmölplantagen, verdoppeln sich auch die Probleme„, sagt Abetnego Tarigan. Der Leiter der größten Umweltschutzorganisation in Indonesien WALHI war vergangene Woche in Berlin, wo er an verschiedenen Veranstaltungen zu Umwelthemen und den Folgen der Palmölproduktion teilnahm. „Wir fordern ein Ende der Expansion!“. Stattdessen müssten die bestehenden Plantagen effizienter genutzt und die bestehenden Probleme angegangen werden.
Die Profiteure
Entgegen den Beteuerungen der Regierung in Jakarta sorgt das Geld, das durch die Palmölproduktion ins Land kommt, nicht für einen Aufschwung, von dem alle profitieren. „Der Gewinn fließt auf die Konten der Unternehmen – und in die Taschen der Politiker“, sagt Tarigan. „Diese vergeben gegen entsprechende Zahlungen Lizenzen unabhängig davon, wer das Land tatsächlich besitzt oder darauf wohnt.“ Vom Palmölboom profitieren aber auch europäische Finanzinstitute und europäische Unternehmen, die Maschinen nach Indonesien liefern.
Die Käufer
„80 Prozent des in Indonesien erzeugten Palmöls geht in den Export“, erläutert Tarigan. Europa spiele dabei eine wichtige Rolle als Absatzmarkt. „Gerade Biosprit bewerten wir dabei sehr kritisch„, sagt Tarigan. Denn unser Verbrauch in Europa hat direkte Auswirkungen auf die Produktion in Indonesien – mit den oben beschriebenen Folgen.
Mit dem Roundtable on Sustainable Palm Oil (RSPO), dem Runden Tisch für nachhaltiges Palmöl, gründeten Vertreter der Industrie 2004 auf Initiative des World Wildlife Fund (WWF) immerhin eine Organisation, deren Mitgliedsorganisationen – darunter Nestlé und Beiersdorf – sich verpflichteten, nachhaltige Anbaumethoden zu fördern und Umweltschäden zu begrenzen. Die Einhaltung solcher Standards soll ein Zertifikat nachweisen. Das allerdings hält nicht, was es verspricht. Noch immer gibt es Menschenrechtsverletzungen und Brandrodungen durch RSPO-Mitgliedsorganisationen.
„Solange die indonesischen Gesetze nicht verschärft werden, wird sich nichts ändern“, sagt Tarigan. „Es gibt große Gesetzeslücken, die viele Unternehmen nutzen.“ Damit tun sie nichts Illegales. Sie halten sich ja an Recht und Gesetz – zum Nachteil vieler Bürgerinnen und Bürger.
„Wir müssen auf die Gesetzgebung Einfluss nehmen“, sagt Tarigan. Den Schutz ihrer politischen Rechte haben sich die Indonesier während der Suharto-Diktatur erkämpft. Doch die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte werden noch immer Tag für Tag verletzt. „Es ist wichtig, dass die Zivilgesellschaft weltweit die Entwicklung beobachtet – nicht nur in Indonesien.“ Immer größer werden die Flächen, auf denen Ölpalmen kultiviert werden, auch in Liberia, Nigeria und einigen Ländern Lateinamerikas. Die steigende Nachfrage nach dem angeblich so billigen Rohstoff verspricht einfach zu große Gewinne.
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… zu WALHI
Seit 1980 setzt sich WALHI für den Schutz der Umwelt in Indonesien ein. Das Netzwerk ist mit 500 lokalen Mitgliedsorganisationen die größte Umweltschutzorganisation des Landes und selbst Mitglied von Friends of the Earth, ein internationaler Zusammenschluss von Umweltschutzorganisationen, zu denen auch der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) gehört. Durch Kampagnen- und Lobbyarbeit, Veranstaltungen – zum Beispiel das South-to-South-Filmfestival – und Rechtshilfe setzt sich WALHI für die Einhaltung der sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Menschenrechte und den Schutz der Umwelt ein. MISEREOR unterstützt die Organisation seit 2009.
Anderseits ist auch Palmöl in manchen Ländern, besonders in Afrika, ein Entwicklungsfaktor. Das dürfen wir ja nicht vergessen. Es gibt Bauern, die dank Palmöl einen Lebensunterhalt haben und ihre Familien ernähren. Leider werden sie nicht genügend von RSPO in Anspruch genommen: für sie ist es sehr teuer, nachhaltiges Palmöl anzubauen!