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Tschad: Wie Nachhilfe begeistern kann

Die Sommerferien könnten im Tschad auch „Regenferien“ oder „Feldferien“ heißen. Die Schulen schließen nämlich, weil die Saison des großen Regens und der Feldarbeit das verlangt.

Die Jugendlichen auf dem Lande helfen ihren Familien dann bei der Landwirtschaft, während das Wetter einen normalen Unterricht nicht länger erlaubt. Mancherorts  fallen die „Klassenzimmer“ schlicht zusammen, bestehen viele Schulen doch nur aus grasbedachten, aus Reisig geflochtenen Unterständen. Auch wird der Schulweg, den die Kinder oftmals kilometerweit zu Fuß zurücklegen, während der heftigen Regenfälle zu beschwerlich.

Mit dem Botschafter auf dem Weg ins Innere des Tschad

Herzlich willkommen im 2-Euro-helfen-Projekt "Foi & Joie"

Herzlich willkommen im 2-Euro-helfen-Projekt „Foi & Joie“

Damit die Reise nicht ins Wasser fällt, fuhren wir also noch vor den „Regenferien“ nach Mongo, um uns vor Ort über die neuesten Entwicklungen der 2-€-Projekte zu informieren. Unsere Reise ins Innere des Tschads ist diesmal ein besonderer Projektbesuch, da der deutsche Botschafter, Helmut Kulitz, mitfährt. Und diese Tatsache macht sich nicht nur dadurch bemerkbar, dass uns eine militärisch ausgerüstete Polizeitruppe, zum Schutz für alle Fälle, begleitet.

Als solch offizielle Besuchergruppe werden wir ebenso offiziell willkommen geheißen: Zuerst empfängt uns der Gouverneur, ein ehemaliger Minister für Planung und Entwicklungszusammenarbeit; Sodann begrüßt uns der Bürgermeister von Mongo – er stellt sich vor als das erste demokratisch gewählte Oberhaupt der Stadt. Die beiden Würdenträger danken für die Unterstützung aus Deutschland, sprechen von ihren Ideen für die Zukunft der Region („Tourismusförderung“), berichten jedoch auch von akuten Problemen (Trinkwassermangel).

Am Abend stehen noch Empfänge beim Bischof Henry Coudray und bei den 2€-Projektpartnern AURA (Dorfbibliotheken) sowie Foi & Joie (Schulen) auf dem Programm.
Aber die wirkliche Willkommensüberraschung bereiten uns anderntags die Schüler/innen und Eltern der 2€-Schulen! Und zwar, wie uns Mborong Etienne, der Leiter unserer Partnerorganisation verrät, ganz und gar aus eigener Initiative!

Ein Dank, der vom Herzen kommt

Der Stolz auf die eigene Schule ist groß.

Der Stolz auf die eigene Schule ist groß.

Wir alle, der Botschafter eingeschlossen, staunen nicht schlecht über das prächtige Schauspiel: Nachdem, von Musik begleitet, drei Schüler die Fahnen von Tschad, Deutschland und Foi&Joie gehisst haben, singen kostümierte Kinder, sagen Gedichte auf, halten Reden. Symbolische und nette Geschenke werden überreicht. – Zwar befinden sich unter den rund 700 (!) Begrüßungsteilnehmern im Dorf Zoni auch viele amtliche Staatsvertreter sowie der Imam der großen Moschee, damit die Zeremonie ihren formellen Rahmen behalte. Doch die im arabischen Dialekt vorgebrachten Dankesworte zweier Schülermütter, in traditionellen farbenfrohen Tuchgewändern, für die Hilfe, die ihre Kinder und Schulen erführen, sie kommen so unperfekt, so aufrichtig vom Herzen, dass alle Versammelten freudig zu klatschen anfangen. Über die Erfolge der Foi&Joie-Schulen herrscht einhellige Begeisterung, und der Dank für die Unterstützung aus Deutschland, auch durch die 2€-Aktion, ist groß.

Motivation durch Lesecamps

Schon die kleinsten sind von der Freunde angesteckt.

Schon die kleinsten sind von der Freunde angesteckt.

Den Foi&Joie-Schulen gelingt es sogar, dass Nachhilfeunterricht begeistert. Dank eines beispielhaften Pioniervorhabens nehmen dieses Jahr erstmals die Lernschwächsten der verschiedenen Schulen und Klassen an so genannten Lesecamps teil: Als wir das zehnte Camp dieser Art im Dorf Bandaro besuchen, erleben wir, wie die rund dreißig Kinder ordentlich pauken müssen, um, je nachdem, erst noch das ABC zu begreifen, oder Silben und Konsonante zu beherrschen, Umlaute, Sätze oder Texte lesen und schreiben zu lernen. Für unsere europäischen Augen und Ohren mag diese Pädagogik nicht sehr reformerisch rüber kommen. Doch die Kinder und Lehrer und mithelfende Eltern sind allesamt enorm motiviert!

Und der Erfolg dieser einwöchigen Jugendlager ist bewundernswert: Wenn die Kinder nach der Camp-Woche in ihre Dörfer und Schulen zurückkommen, so gehören sie statt zu den Schwächsten oft zu den Jahrgangsbesten oder zumindest Mittleren. Außerdem springt die Motivation durch die Lernerfolge auch auf andere Schüler und selbst die Lehrerschaft und Eltern über. Sie alle engagieren sich fortan umso mehr für das gemeinsame Schulleben. Und es kam schon mehrmals vor, dass eine Mutter, die nie in ihrer Vergangenheit an der Schule das Alphabet gelernt hatte, unter dem Eindruck der Lesecamp-Erfolge bei den Kindern selbst begann, lesen und schreiben zu lernen.

Die Begeisterung über die Aktionen unserer Partnerorganisation Foi & Joie steckt an. Auf der Heimfahrt, als wir am markanten Massiv des Bergs Aptouyour vorbeikommen, fasst Botschafter Helmut Kulitz zusammen: „Foi et Joie leistet mit geringen Mitteln Großes – für Kinder, die sonst keine Bildungschancen hätten, und für Erwachsene, besonders Frauen. Ich war sehr beeindruckt davon. Foi et Joie gibt Perspektiven und Grund für Optimismus in einer der ärmsten Gegenden der Welt.“

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Andreas Kahler leitete seit April 2012 die MISEREOR-Verbindungsstelle in N`Djaména/Tschad. Seit 2018 ist er Leiter der Verbindungsstelle in Abuja/Nigeria. In seiner Arbeit kümmert er sich um den guten Dialog mit den Partnern von MISEREOR und begleitet die Projekte.

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