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Mußestunden im Tschad?

Aberzählige Probleme machen das Land urlaubsunverdächtig. Unwirtliche Extreme sind die Regel. Nicht nur beim Klima. Zu Armut und Staatswillkür gesellten sich die Angst vor Ebola und Boko Haram.

Screenshot_Kino im Tschad

Screenshot der Website www.cinemalenormandie.com

Zuletzt hellt sich die Stimmung indes auf – Zeit einmal von Dingen zu erzählen, die im Tschad Vergnügen bereiten. Auch hier gibt es Freizeit. Ein tschadischer Freund brachte es vor dem ersten Mai-Wochenende so auf den Punkt: „Von außen gesehen, ist der Tschad schlimm. Aber wenn man hier wohnt, merkt man, dass sich das Leben ganz passabel einrichten lässt.“ Wohin gehen wir also in unseren Mußestunden?

Eine erste Überraschung des Ndjamenaer Kulturlebens ist zunächst das „Normandie“. In der alten Avenue Charles de Gaulle gelegen, bietet das seit 2011 wiedereröffnete Lichtspielhaus eine echte Bereicherung, handelt es sich doch um eines der technisch modernsten Kinos auf dem Kontinent südlich der Sahara, und seine wöchentlich wechselnde Filmauswahl ähnelt der eines europäischen Programmkinos. Derzeit läuft das Afrikanisch-Europäische Filmfestival, eröffnet durch den in Mali spielenden mauretanisch-französischen Spielfilm „Timbuktu.“

Am Kulturinstitut IFT sahen wir dieser Tage die Wissenschaftsausstellung „Unter einer Million Sterne“, die nichts mit der fast gleichnamigen CARITAS-Aktion zu tun hat, sondern sich dem verblüffend geschichtsträchtigen Wirken deutscher Forschungsreisender im Tschad widmet. Ein breites Themenspektrum (Umwelt- und Kulturgeschichte, Politik, Wissenschaft und Klimawandel) entfaltet sich von den Exponaten, zumeist Bildtafeln, her. Die Illustrationen zeigen die Forscher Gustav Nachtigal in Kanem, Heinrich Barth, Gerhard Rohlfs in jeweils zeitgenössischen Szenen, aber auch unseren Bundespräsidenten Heinrich Lübke zu Besuch im Jahre 1968 bei einer damals in Bardai angesiedelten klimatologischen Außenstelle der FU Berlin.

Einen ganz und gar gegenwärtigen Höhepunkt präsentieren schließlich die Fotografien zum Forschungsprojekt von Professor Stefan Kröpelin (Universität Köln): Schicht um Schicht Umweltgeschichte wird da lebendig am Beispiel der Oasen von Ounianga sowie des Wüstengebirges von Ennedi – gekrönt, seit 2012, vom Titel des UNESCO-Welterbes.

Musik und Tanz sind selbstverständlich Freizeitingredienzen. Außer dem Institut Francaise Tchad (IFT), wo zuletzt die großen Sänger/innen Mawndoe (Tschad), Béral Mbaikoubou (Tschad) und Annie Flore (Gambia) auftraten, ist das Restaurant Sélésao eine sehr interessante Adresse. Makossa, Soul Jazz, World Music erklingen hier fürs fast vollständig einheimische Publikum jeden Freitagabend. Auch am 1. Mai, Tag der Arbeit, stand der Abend wie immer unter dem Motto „After Work“.

Und Ausflüge? – Sind möglich trotz Boko Haram, Banditen & Co. Allerdings mit Einschränkung, Naherholungsziele wie Tschadsee oder Dougia am Fluss vor dessen Mündung scheiden derzeit aus.

Ostern entdeckten wir gemeinsam mit einem Kollegen den Zakouma Nationalpark. Er darf zu den artenreichsten Naturschutzgebieten Afrikas zählen. April 2016 sollen gar mehrere Rhinozerosse den Wildtierbestand noch ergänzen. Ab dann will der Nationalpark im Tschad damit werben, dass er unter den besten Parks Afrikas am nächsten an Paris liege.

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Andreas Kahler leitete seit April 2012 die MISEREOR-Verbindungsstelle in N`Djaména/Tschad. Seit 2018 ist er Leiter der Verbindungsstelle in Abuja/Nigeria. In seiner Arbeit kümmert er sich um den guten Dialog mit den Partnern von MISEREOR und begleitet die Projekte.

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