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Burkina Faso: Erfindergeist afrikanischer Bauern | Teil 1

Es ist eine einzige große Halle auf dem Messegelände von Ouagadougou, in der die FIPAO stattfindet – die erste bäuerliche Innovationsmesse in Westafrika, mitorganisiert von MISEREOR. Ein Ereignis der besonderen Art, auf deren Eröffnung sogar der Landwirtschaftsminister der Übergangsregierung von Burkina Faso auftritt. In dieser Agrarausstellung wird spürbar, wie sich Menschen aus der Sahelregion mit ganzer Kraft um Lösungen bemühen, um ihre prekäre Situation zu verbessern.

50 Kleinbäuerinnen und Kleinbauern in traditionellem Outfit stellen an den Ständen Erfindungen vor. Sie bilden ein Kontrastprogramm zu den Klischees über Afrika, die bei uns vorherrschen: Afrika als untätiges Opfer, gebeutelt von Hunger- und Naturkatastrophen, Konflikten und religiöser Radikalisierung – ein reiner Empfängerkontinent. Mitnichten!

Was die Bauern und NGOs aus Mali, Burkina Faso, Senegal, Niger, Benin, Togo und Kamerun zeigen, sind sogenannte bäuerliche Innovationen: Resultat einer längeren Phase von eigenen Experimenten und Feldversuchen, um ganz konkrete Probleme zu lösen – meist mit einfachen Mitteln. Sie leiden unter Einkommensverlusten, weil Tiere krank werden oder die Ernte mager ausfällt – bedingt durch Wassermangel, Bodenerosion, Unkraut, Pflanzenkrankheiten oder Insektenbefall. Die lokalen Ressourcen – Gewässer oder Böden – werden bereits stark in Anspruch genommen, die fruchtbaren Flächen für den Anbau werden knapp. Die Bauern der Region sind längst mit den schleichenden Folgen des Klimawandels konfrontiert – das ist überall spürbar. Sie haben nur wenig Polster und kaum Sicherheiten, die Familie übers Jahr satt zu bekommen. Die zusätzlichen Ernteverluste verschärfen den Überlebenskampf – und machen erfinderisch. Dr. Tobias Wünscher aus Bonn ist begeistert. Der Agrarökonom des Center of Development Research der Universität Bonn betreut ghanaische Innovatoren. „Wir müssen noch viele der Erfindungen mit eigenen Testreihen überprüfen und verifizieren. Doch erst einmal scheint es so zu sein, dass 90 % der Innovationen, die bei uns eingereicht wurden, die Ernährungssituation der Menschen enorm verbessern.“

Zwiebelproduktion vorgestellt auf der FIPAO

Zwiebelproduktion vorgestellt auf der FIPAO

Fati Kabore ist eine der Innovatorinnen, die mit ihren Mitstreitern aus ihrem Dorf Noungou in die Hauptstadt gekommen ist: zwei Körbe Zwiebeln sind auf ihrem Stand drapiert. Doch was ist die Innovation? Zwiebeln werden in Burkina Faso überall angebaut und exportiert. Wir haben Fati Kabore bereits in ihrem Dorf kennengelernt, begleitet von der Organisation DIOBAS, ein Partner von MISEREOR. Die gemeinnützige NGO arbeitet mit Kleinbäuerinnen und Kleinbauern und ebnet den Weg, um die so genannte Aktionsforschung in Gang zu bringen. Fati Kabore und die anderen hatten über ihre Probleme mit Zwiebeln und Tomaten in einem der großen Workshops berichtet, die von DIOBAS zweimal jährlich veranstaltet werden: „Zu viele Zwiebeln sind während der Lagerung verfault, so dass ich sie nicht in der Trockenzeit verkaufen konnte, wenn die Preise steigen,“ erzählte Fati. In diesen Ateliers bringt DIOBAS über mehrere Tage bis zu 80 Menschen zusammen: Bauern, lokale Führer, Älteste, die alle kostbares Erfahrungswissen haben, sich mit Problemen wie Fruchtbarkeit auseinandersetzen, die zusammen essen, wohnen, sich austauschen: hierin liegt das größte Potential. Aus diesen Workshops gehen die Aktionsforschungsgruppen hervor, die auf den Feldern in ihren Dörfern weiter experimentieren und von DIOBAS – auch finanziell – dabei unterstützt werden.

neue Zwiebellagerung bringt viel Einkommen

Neue Zwiebellagerung bringt viel Einkommen

Auf diese Weise hat sich im Leben von Fati Kabore viel verändert. Sie zeigt uns stolz ihre neue, runde Lagerhütte aus Stroh, die auf 50 cm hohen Holzpfeilern gebaut ist. Kosten: 130.000 CFA – das sind knapp 200 Euro. Fati Kabore kann ihre Zwiebeln in diesen Lagerhütten viel länger aufbewahren und weiss, dass sie die Knollen kurz nach der Ernte monatlich, später wöchentlich wenden muss. Die Luft kommt von unten in die Lagerhütte, eine optimale Klimatisierung. Außerdem haben die Bauern bei ihren Experimentierreihen herausgefunden, dass sie ihre Zwiebeln bis zu 10 Monate lagern können, wenn sie den Boden für den Zwiebelanbau ausschließlich mit Kompost düngen. Auf die Details kommt es an, beharrt Fati Kabore. Sie haben viel beobachtet und geschlussfolgert, dass sie die Zwiebeln am besten frühmorgens ernten und zwar erst zu dem Zeitpunkt, wenn alle Blätter vertrocknet sind. “ Die Zwiebeln sind länger haltbar und ich kann sie mittlerweile in der Trockenzeit verkaufen, wenn die Preise viel höher sind. Mein Einkommen hat sich dadurch enorm vermehrt. Ich kann mir jetzt die Schulgebühren leistenund meine Kinder in die Schule schicken.“

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Eva Wagner arbeitete bis 2016 im Berliner Büro von MISEREOR.

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