Suche
Suche Menü

Klimagerechtigkeit braucht Paradigmenwechsel: Klima als Gemeingut

Die Werkstatt Zukunft ist ein Projekt, das von Akteur*innen der Zivilgesellschaft in der Region Oldenburg getragen wird. Bestandteil des Projektes ist eine monatliche TV-Sendung im Bürgerfernsehen. bluemarble_2014089_lrg
Zu den Initiator*innen der Werkstatt gehören Aktive aus der Klima-Allianz Oldenburg, in der sich auch Misereor engagiert. Als ich im Februar mit Chito Dugan, einem der Fastenaktionsgäste aus den Philippinen, im Forum St. Peter war, ist ein Interview mit uns für die Juli-Sendung aufgezeichnet worden. Heute stand dann der Dreh für die Werkstatt zum Thema Klimagerechtigkeit an. Im Rahmen der öffentlichen Veranstaltung im Oldenburgischen Staatstheater durfte ich einen Vortrag über das Thema Commons bzw. Gemeingüter halten und die Verbindung zu Klimagerechtigkeit aufzeigen.

Bei meiner Vorbereitung hatte ich herausgefunden, dass ich die Oldenburger „zu Hause abholen“ konnte: Das Gelände des dortigen Fliegerhorstes wurde nämlich vom 14. Jh bis um 1600 „von den ortsansässigen Bauern gemeinsam für Schafbeweidung und Landwirtschaft als Allmende (Gemeingut) genutzt“ – so steht es auf der Internetseite der Stadt Oldenburg. Ein Teil des Gebietes wurde noch bis um 1800 als „Ofener Gemeinheit“ genutzt, bis auch dieser Teil parzelliert und individuelle Landtitel vergeben wurden.

Recht auf Gemeinheit

Damit waren zentrale Begriffe genannt, an denen eine Einführung zum Thema Gemeingüter nicht vorbeikommt: Allmende sowie Nutzungs- versus Eigentumsrechte. Zur Erläuterung habe ich Persönlichkeiten herangezogen, die für mich beim Thema Gemeingüter von großer Bedeutung sind. Anfangen konnte ich wiederum ganz in der Nähe: Ivan Illich, Naturwissenschaftler, Philosoph und Theologe, hat die letzten Jahre seines Lebens in Bremen gelehrt und gelebt. Für ihn steckte im Wort Allmende der Anspruch einer Gemeinde oder Gemeinschaft auf die ihr eigene Art der Umweltnutzung. Illich sprach hier auch vom Recht auf Gemeinheit – bis ins frühe 17. Jh. verstand man darunter die Nutzungsrechte und ihre Subjekte.

„Tragik der Allmende“

Wer von Allmende spricht, wird unausweichlich mit der sogenannten „Tragik der Allmende“ konfrontiert. Diese Metapher hat sich seit dem Aufsatz des US-amerikanischen Biologen Garrett Hardin aus dem Jahre 1968 regelrecht in den Köpfen der Menschen und auch in der Lehre der Ökonomik eingenistet. Hardin schlussfolgerte: „Freiheit in den Commons bringt Ruin für alle“. Um das zu verhindern, sah er nur zwei Auswege: einen starken Staat oder die Privatisierung. Dass das von Hardin beschriebene Szenario einem Niemandsland gleichkam und eben nicht einer Allmende, hat er später sogar selbst eingestanden. In der Wirtschaftslehre unserer Universitäten ist die „Tragik der Allmende“ dennoch bis heute nicht revidiert worden.

Tertium Datur

Dass es Lösungen „jenseits von Märkten und Staaten“ gibt, dieser Dualismus (den Anforderungen) der Realität nicht gerecht wird und Patentrezepte schlicht nicht existieren, hat Elinor Ostrom mit ihren Forschungen belegt. Dafür erhielt sie als erste Frau den Wirtschaftsnobelpreis 2009. Aus ihren Feldforschungen leitete sie Gestaltungsprinzipien für Gemeingüter ab, die die Wahrscheinlichkeit einer nachhaltigen Nutzung erhöhen. Leider lassen sich diese auf globale Gemeingüter wie die Atmosphäre nicht so einfach übertragen.

Commons-DNA

Commons bestehen aus drei Elementen: eine Ressource – eine Nutzergemeinschaft – selbstbestimmte Regeln. In anderen Worten: Commons sind Vereinbarungen darüber, wie Menschen mit Ressourcen (materiellen oder immateriellen) umgehen. Es handelt sich also um soziale Beziehungen und Praktiken, die eingebettet sind in die jeweilige Umwelt und Mitwelt. Nicht die Ressource allein ist das Gemeingut. Das hat der britische Historiker Peter Linebaugh so ausgedrückt: „There is no commons without commoning”. Nichts kann ein Commons sein, solange es nicht als solches gedacht und zu einem solchen gemacht wird. Was bedeutet das nun für die globale Ebene und das Klima?

Global Commons

In der Klimadebatte ist es vor allem die Atmosphäre, die als Global Commons bezeichnet wird. Die Wissenschaftler Edenhofer, Flachsland und Lorentz haben das 2012 so beschrieben: „Die Atmosphäre ist insofern ein globales Gemeingut, als sie eine Senke für CO2 und andere Treibhausgase ist. Derzeit wird sie wie ein Niemandsland benutzt, das heißt: Sie steht unbeschränkt jedem kostenlos zur Verfügung. Ozeane und Wälder sind durch den globalen Kohlenstoffkreislauf eng mit der atmosphärischen Senke gekoppelt und entziehen ihr einen Teil des anthropogenen CO2. Sie sind daher ebenfalls globale Gemeinschaftsgüter.“ Diese Idee ist auch in den jüngsten Sachstandsbericht des Weltklimarates IPCC eingegangen. Sie Realität werden zu lassen erfordert ein Umdenken und ein Maß an Kooperation, das in den Klimaverhandlungen bis dato nicht erkennbar ist.

Das Klima als Commons hat mit Papst Franziskus nun einen weiteren gewichtigen Fürsprecher bekommen. In der Umweltenzyklika schreibt er: „Das Klima ist ein gemeinschaftliches Gut von allen und für alle“ (LS 23). Im Gegensatz zu vielen Wissenschaftler*innen und Politiker*innen ist er jedoch skeptisch, dass dies über Marktmechanismen erreicht werden kann. Er fordert „stärkere und wirkkräftig organisierte internationale Institutionen zu entwickeln“ (LS 175) und eine Abkehr vom technokratischen Paradigma, das die ganze Welt durchdrungen hat.

Paradigmenwechel

Ich habe meinen Vortrag damit geschlossen, dass sich die Idee der Commons als ein neues Paradigma anbietet. Als grundsätzliche Denkweise und Weltanschauung. Es geht um Beteiligungschancen, um Zugangsrechte (und damit um Eigentumsverhältnisse und Machtfragen) sowie um Entfaltungsmöglichkeiten – jeder und jedes Einzelnen, allerdings stets eingebettet in die Gemeinschaft und verortet in der Umwelt. Daher stehen Commons für ein anderes Wirtschaften, ein anderes (Zusammen-) Leben, ein neues Verständnis von Solidarität. Sie ermöglichen eine wachstumsunabhängige und selbstbestimmte Form der (Re-)Produktion unserer Lebensverhältnisse. Hier denke ich, würde auch Papst Franziskus mitgehen können.

Die Atmosphäre als Gemeingut? Das wird nur gelingen, wenn wir – in den Worten des Papstes – uns als eine große Menschheitsfamilie verstehen und die „Sorge für das gemeinsame Haus“ als gemeinschaftliche Aufgabe annehmen.

Merken

Geschrieben von:

Avatar-Foto

Stefan Tuschen arbeitet als Referent für Kolumbien bei MISEREOR.

1 Kommentar Schreibe einen Kommentar

  1. Avatar-Foto

    Dieser Beitrag ist an Unsinn kaum noch zu uebertreffen. Der Autor oder die Autoren sollten sich einmal die Koeppen-Geiger-Klimaklassifikation anschauen. Ein update davon ist unter

    http://people.eng.unimelb.edu.au/mpeel/koppen.html

    zu finden. Wie darin illustriert, existiert kein globales Klima, sondern eine Vielzahl von Klimaten auf der Erde. Wer die Koeppen-Geiger-Klimaklassifikation missachtet, der wird nicht in der Lage sein, eine weiterhin zunehmende Weltbevoelkerung zu ernaehren.

    Bis heute ist kein wissenschaftlicher Nachweis erbracht worden, dass das CO2 ueberhaupt irgend ein Klima aendern kann. Aus physikalischer Sicht ist diese Annahme auch absurd, denn noch gilt das, was von Einstein (1917), Dirac (1927) und Milne (1928) publiziert wurde. Chandrasekhar (1960) hat diese Ergebnisse in seinem Lehrbuch „Radiative Transfer“ uebernommen. Falls man dem CO2 eine klimaaendernde Wirkung zuschreiben will, muessen diese Autoren erst einmal widerlegt werden.

Schreibe einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert.


Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.