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Interreligiöser Dialog für den Frieden

Im Jahr 2013 wurde in Bangui, der Hauptstadt der Zentralafrikanischen Republik (ZAR), eine interreligiöse Friedensplattform ins Leben gerufen. Erzbischof Dieudonné Nzapalainga und Imam Oumar Kobine Layama setzen sich als Mitbegründer gemeinsam für Dialog und Versöhnung der Religionsgemeinschaften ein. Am 1. September wurde ihnen für ihr Engagement der Aachener Friedenspreis verliehen. In diesem Rahmen traf MISEREOR die Preisträger zum Gespräch.

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Erzbischof Nzapalainga und Imam Layama zu Gast bei MISEREOR. © MISEREOR

Der eingeschlagene politische Prozess in der Zentralafrikanischen Republik sieht nach Jahren der Gewalt nun die Abstimmung über einen neuen Verfassungsentwurf, Parlaments- und Präsidentenwahlen vor. Wie schätzen Sie die Chancen auf Erfolg ein?

Imam Layama: Wahlen waren oft der Grund für Krisen. Wir brauchen glaubwürdige Wahlen, in denen die Menschen sicher sein können, dass ihre Stimme zählt und die nicht in Manipulation und Korruption untergehen. Wir bitten die internationale Gemeinschaft, uns dabei zu helfen.

Erzbischof Nzapalainga: Um vertrauenswürdige Politik zu machen, ist ein gemeinsames Ziel notwendig. In unserem Land war es in der Vergangenheit zu oft der Fall, dass persönliche, egoistische Interessen  politisch im Vordergrund standen – und nicht etwa das nationale Interesse. Es gab immer einen Stamm, einen Clan oder eine Region, die die gesamte Macht an sich riss. Um in der aktuellen Krise einen Konsens zu erreichen, ist es nötig, dass die beteiligten Parteien zum Gespräch bereit sind und Kompromisse eingehen.
Viele staatliche Institutionen sind leere Hüllen, deren Verantwortliche nicht die Möglichkeit und Autorität haben, ihren Auftrag zu erfüllen. Die Zentralafrikaner sehnen sich nach Glückseligkeit, Fortschritt und Wohlergehen. Sie hoffen, diese Ideale im Dialog mit einer funktionierenden Politik zu erreichen.

Wie steht es um die momentane humanitäre Situation im Land, vor allem die Versorgung der 500.000 Flüchtlinge?

Imam Layama: In der Zentralafrikanischen Republik gibt es keine Menschen, denen der Status als Flüchtling offiziell zuerkannt wurde. Das führt zu großen Problemen: Die von den Medien als Flüchtlinge bezeichneten Menschen brauchen dringend Hilfe, sie erhalten jedoch keine medizinische Unterstützung. Wenn man schon von Flüchtlingen redet, dann soll der Staat ihnen auch den Status zuweisen.

Erzbischof Nzapalainga: In unserem Land gibt es Binnenflüchtlinge, die alles verloren haben. Die humanitäre Situation ist katastrophal. Die internationale Gemeinschaft ist uns oft zu Hilfe gekommen. Allerdings verbleiben viele Leute nach wie vor in ihrem Elend. Häuser und Grundstücke vieler Menschen wurden komplett zerstört. Dieselben Menschen leben nun unter Kartons in Slums. Sie können nicht zu ihren Grundstücken zurück, weil bewaffnete Gruppierungen diese besetzen. Es gibt aber nicht nur einen Krisenherd in Afrika. Sobald ein Krisenherd entsteht, richtet sich der Fokus der internationalen Gemeinschaft häufig auf diesen neuen und vernachlässigt den vorherigen, der allerdings weiterhin besteht. Die Menschen in Zentralafrika sind ihrer Würde beraubt, da sie unter furchtbaren Bedingungen leben. Sie müssen ihre Meinungsfreiheit zurückerhalten und sie sollen das Recht haben, über ihre Zukunft selbst zu entscheiden.

Im Kontext eines Konfliktes, der religiös instrumentalisiert wird, setzen Sie sich mit Ihrer Arbeit für interreligiöse Verständigung zwischen Christen und Muslimen ein. Welche positiven Entwicklungen haben Sie bisher anstoßen können und welche Probleme tauchen in der Praxis auf?

Imam Layama: Die Geschehnisse wurden von der Presse instrumentalisiert. Es ging dabei nicht um eine Krise, die die beiden Religionen gegeneinander aufhetzte.

Erzbischof Nzapalainga: Diese Krise ist militärisch-politisch motiviert. Die Menschen in unserem Land haben verstanden, dass es nicht um eine religiöse Krise geht, wie viele Medien es berichten. Die Menschen, die uns unterstützen, haben die Erfahrung gemacht, dass sich Christen und Islamisten nicht fremd sind. In Bangui verbarrikadierten Christen im April eine Straße, um zu verhindern, dass die lokale Moschee zerstört wird. Die Christen stellten sich den Extremisten in den Weg und sagten ihnen: „Wir brauchen unsere Brüder, um zusammenzuleben.“ Viele haben diese Aktion mit dem Leben bezahlt. Dieses Zeugnis war ein Beweis für sozialen Zusammenhalt. Wir werben dafür, den Mitmenschen Raum zum Leben, Arbeiten und Beten zu lassen. Wir bitten darum, dass jeder seine Zeit zum Wiederaufbau von Gebetsstätten gleich welcher Religion zur Verfügung stellt. So findet man seinen Frieden und kann anderen Frieden geben.

Das Interview führten Federico Bley und Thomas Kuller.

MISEREOR unterstützt in der ZAR in Kooperation mit dem niederländischen Hilfswerk Cordaid vier Diözesen beim Aufbau von Schulen und Gesundheitseinrichtungen sowie bei Friedens- und Versöhnungsarbeit. Bei der Verteilung der Mittel wird in Zukunft die Zusammenarbeit mit der interreligiösen Plattform ausgebaut.

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Thomas Kuller war Experte für Friedensförderung und Konflikttransformation bei Misereor.

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