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Der „Final Showdown“ – Wahlkampf auf Filipino

Am 9. Mai wird auf den Philippinen ein(e) neue(r) Präsident(in) und Vizepräsident(in) gewählt. Es gilt das Mehrheitswahlrecht, die Wahlkampagnen sind stark personalisiert. Überall hängen Wahlplakate, von Mauern, Hauswänden und Jeepneys, den typisch philippinischen Kleinbussen, lächeln einem die Kandidatinnen und Kandidaten der verschiedensten Parteien an. Seit Wochen berichten die Zeitungen des Landes ausführlich über den Wahlkampf, der sich allerdings eher wenig an Inhalten orientiert. Wahlkampf-auf-den-Philippinen-2016

Jüngstes Beispiel: Rodrigo Duterte, der derzeit die Umfragen anführt, ist für sein lockeres Mundwerk bekannt. Der Bürgermeister von Davao auf der Insel Mindanao ließ sich auf einer Wahlkampfveranstaltung letzte Woche zu einem Witz über eine australische Nonne hinreißen, die 1989 in Davao vergewaltigt wurde (Zitat: „Als ich sie sah dachte ich: Was für eine Schande, so ein hübsches Gesicht. Der Bürgermeister hätte den Vortritt erhalten sollen.“).

Erstaunlicherweise scheint das Dutertes Beliebtheit bisher kaum zu schaden, obwohl die Medien einen Skandal wittern und seine Kontrahenten versuchen, aus dem Fauxpas politischen Profit zu schlagen. Besonders der bisherige Vizepräsident Jejomar Binay, in Umfragen weit abgeschlagen, ging Duterte hart an. Viele Menschen identifizieren sich jedoch mit Dutertes gegen das politische Establishment gerichteten Rhetorik und sehnen sich nach einer starken Führungspersönlichkeit, die ausnahmsweise nicht von Luzon stammt, der größten Insel der Philippinen. Damit findet er sogar in der auf Luzon gelegenen Hauptstadt Manila viel Unterstützung.

Die Wahl ist aber alles andere als entschieden. Die in Umfragen zweitplatzierte Senatorin Grace Poe ist ebenfalls beliebt und erfährt vor allem auf den ärmeren Inseln der vernachlässigten Inselgruppe Visayas viele Sympathien. Mit 47 Jahren gilt sie allerdings noch als recht unerfahren. Dem vom bisherigen Präsidenten Aquino unterstützten Kandidaten Manuel Roxas wurden zu Beginn des Wahlkampfs wenige Chancen eingeräumt. Doch er holte in Umfragen zuletzt stark auf. Lediglich die Senatorin Miriam Santiago liegt in Umfragen abgeschlagen weit hinter den anderen Kandidaten. Bei der dritten und letzten TV-Debatte zeigte sie sich zudem nervös, vergaß beim Eingangsstatement zeitweilig ihren Text und beendete ihre Beiträge meist vor Ablauf ihrer Redezeit.

TV-Debatte als Orientierung

Duterte, Poe und Roxas zeigten sich hingegen sehr präsent und angriffslustig. Roxas‘ Antworten waren vielleicht sogar zu abgeklärt. Da seine Frau für einen der ausstrahlenden Fernsehsender arbeitet, wird im Internet schon gemutmaßt, ob Roxas die eigentlich geheimen Fragen der Town-Hall-Debatte zuvor zugespielt bekam und sich besser vorbereiten konnte. Das ist bisher jedoch nicht nachgewiesen. Binay wirkte im Vergleich eher blass und umständlich.

Von martialischer Musik begleitet und der wichtigen Tageszeitung Manila Bulletin zum „Final Showdown“ aufgebauscht, galt die Debatte als wichtige Orientierung für noch unentschlossene Wähler. Einen klaren Sieger brachte sie nicht hervor. Immerhin wurden endlich viele der wirklich drängenden Fragen diskutiert: Die Anpassung an den Klimawandel, Fragen von Beschäftigung und Armut und die vernachlässigte Infrastruktur des Landes. Auch die territorialen Streitigkeiten mit China wurden heiß diskutiert und boten allen Kandidaten die Gelegenheit, sich als Patriot(inn)en zu positionieren.

Konkrete Antworten auf diese Herausforderungen blieben viele der Kandidatinnen und Kandidaten jedoch schuldig. Man überbot sich mit der Länge an Wunschlisten; Versprechen, von denen viele Filipinos genug haben. Duterte hingegen ließ in seine Statements mehrmals Sätze einfließen wie „Wir müssen realistisch bleiben, was in wenigen Jahren zu erreichen ist“ oder „Es wurde in der Vergangenheit schon zu viel versprochen und nicht gehalten.“ Und so könnte es am Ende tatsächlich sein, dass sich der Kandidat mit dem größten Mundwerk durchsetzt. Nicht, weil er die besseren Antworten hat, sondern weil er bei vielen Menschen einen Nerv trifft. In zwei Wochen wird man es wissen.

Thomas Kuller befindet sich derzeit auf Projektreise auf den Philippinen. Im MISEREOR-Blog berichtet er von seinen Eindrücken.

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Thomas Kuller ist Fachreferent für Friedensförderung und Konflikttransformation bei MISEREOR.

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