Schwarze Wolken ziehen über Brasilien auf. Im ganzen Land gingen in der vergangenen Woche tausende Menschen auf die Straße, um gegen das Interimsregime unter der Führung von Michel Temer zu protestieren. Die Folge: Nach den heftigen Protesten zog die Temer-Regierung die Zusammenlegung der Ministerien Bildung und Kultur wieder zurück.
Der Conselho Indigenista Missionari (CIMI) ist, wie viele andere katholische Einrichtungen in Brasilien, tief beunruhigt. Für sie ist die Präsidentschaft Michel Temers auf einem nicht demokratischen Fundament gebaut und daher illegal. Die Missionare der MISEREOR-Partnerorganisation CIMI befürchten, dass die den Großgrundbesitzern und dem Bergbau nahestehende Rechtsregierung alles daran setzen wird, um bereits erfasste Gesetze zur Demarkierung indigener Gebiete und anderer Schutzgebiete wieder rückgängig zu machen. Dies würde der Oligarchie und dem Agrobusiness noch weiter, als bereits durch Dilma Rousseff geschehen, das Tor zum Amazonas öffnen. Auch das Centro Gaspar Garcia in Sao Paulo, welches die Rechte armer Menschen im sozialen Wohnungsbau und die Integration von Obdachlosen und Sammlern von Reststoffen unterstützt >, erkennt die Interimsregierung nicht an und sieht Brasilien als Opfer eines kalten Putschs. Einen der ersten Schritte, die das Temer-Kabinett nach Amtsübernahme unternommen hatte, war die Suspendierung eines Programms zum Bau von knapp 12.000 Sozialwohnungen.
Trotzallem ist auch ein wenig positives zu vermelden: In ganz Brasilien versammeln sich soziale Einrichtungen, Verbände und Gruppen, um sich gegen das Schlimmste zu wappnen. Für die heute arg zersplitterten Sozialbewegungen ist der aktuelle Zeitpunkt eine große Chance, um sich zu restrukturieren. Nur gemeinsam wird man die Kraft haben, die hart errungenen Rechte des brasilianischen Volkes zu verteidigen und sich einer möglichen Ent-Demokratisierung des Landes des Sambas und Fußballs entgegenzustellen.
Über den Autor: Stefan Kramer ist Leiter der MISEREOR-Dialog- und Verbindungsstelle in Brasilien.