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Klima-intelligente Landwirtschaft? Ich verstehe nur Bauernhof…

Angesichts des Klimawandels steht die Landwirtschaft vor zwei zentralen Herausforderungen: gutes Essen für alle bereitstellen und gleichzeitig einen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Letzteres heißt: Die Emissionen müssen runter. Denn: Rund ein Viertel der vom Menschen verursachten Treibhausgasemissionen entstehen in der Land- und Forstwirtschaft. Ihre Hauptquellen sind Entwaldung, Eingriff in den Nährstoffkreislauf der Böden (sei es durch Bodenbearbeitung oder Düngung) und Massentierhaltung. Da liegt die Antwort doch eigentlich auf der Hand: Entwaldung stoppen, Eingriffe minimieren, keine Massentierhaltung. Denkste!

Ramen Chandra Barman bei der Reisernte.

Klimafreundliche Landwirtschaft in Bangladesh: Chandra Barman züchtet traditionelle Reissorten – und baut sie ökologisch an.  Leider kein Vorbild für die Global Alliance for Climate Smart Agriculture (GACSA)  Foto: MISEREOR/Harms

Klimafreundlich = kompliziert?

Warum einfach, wenn’s kompliziert, äh „intelligenter“ geht – mit der so genannten „klima-intelligenten“ Landwirtschaft? Vorangetrieben wird dieses „Konzept“ von der Global Alliance for Climate Smart Agriculture (GACSA). „Klima-intelligent“ heißt für sie, die „technischen, politischen und Investment-Bedingungen zu schaffen, damit eine nachhaltige landwirtschaftliche Entwicklung für Ernährungssicherheit unter dem Einfluss des Klimawandels erreicht wird“. Für das „Wie“ gibt es keine harten Kriterien oder Standards. Ebensowenig für eine Mitgliedschaft in der Allianz – vom Kleinbauernverband bis zum transnationalen Saatgutmulti ist alles möglich.

Klimaschutz mit Pestiziden, Kunstdünger und Gentechnik?

So gilt z.B. als „klima-intelligent“, das Freisetzen von im Boden gespeicherten Kohlestoffen zu vermeiden. Statt den Acker mit dem Pflug zu bereiten, wird direkt in den bewachsenen Boden eingesät – Direktsaat oder no-till agriculture, was so viel heißt wie Ohne-Pflug-Landwirtschaft. Ist diese Methode an den agrarökologischen Kontext angepasst, hat sie durchaus das Potenzial, zu einer umweltschonenden Landwirtschaft beizutragen. In der industriellen Landwirtschaft wird sie jedoch ad absurdum geführt. Dafür, dass nur die gewünschte Saat gut gedeiht und wächst, sorgt der Einsatz von entsprechenden Dünge- und Pflanzenschutzmitteln. Das geht natürlich besonders gut, wenn das Saatgut die Mittel verträgt, das „Unkraut“ hingegen nicht. Am besten lässt sich das durch genetische Veränderung des Saatguts erreichen. Dabei kann dann auch gleich – je nach lokalen Erfordernissen – z.B. eine Resistenz gegen Dürre oder zu viel Nässe, gegen steigenden Salzgehalt im Grundwasser oder gegen besondere Schädlinge „eingebaut“ werden.

Mit neuen Märkten den Klimawandel stoppen?

Aus Sicht der meist in der nördlichen Hemisphäre beheimateten Agrarmultis und GACSA-Mitgliedern ist dies allerdings gleich mehrfach intelligent. Denn Klimaschutz kann – seit Kyoto – dort gemacht werden, wo es am kosteneffizientesten ist. So schaut die GACSA überwiegend in die Entwicklungsländer und will armen Kleinbäuer_innen helfen, ihre Emissionen zu reduzieren. (Dabei tragen diese mit ihren weniger Energie-, Chemie- und Technik-lastigen Praktiken kaum zum Problem bei…) Statt sich die industrialisierte, tendenziell monokulturelle Landwirtschaft in den reichen Ländern vorzuknöpfen. Ganz nebenbei lassen sich so auch noch neue Märkte erschließen.

Mitte Juni kam die GACSA in Rom zu ihrer Jahrestagung zusammen. Motto: Climate-Smart Agriculture in Action. Das haben 20 Organisationen in Deutschland zum Anlass genommen, ihre Position zur klima-intelligenten Landwirtschaft noch einmal laut und deutlich zu machen: „Klimasmarte Landwirtschaft  – nein danke!“

Co-Autorin Sarah Schneider arbeitet bei Misereor zu Ernährungthemen.

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Stefan Tuschen ist Regionalreferent für Kolumbien bei Misereor.

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