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Fisch frisch auf den Tisch – oder doch nicht?

Das Wasser, genauer die Meere, Seen und Flüsse, sind eine wichtige Nahrungsquelle für Menschen. Beim Einkaufen fragt man sich aber immer wieder: Welchen Fisch kann man noch essen? Herkunft, Fangmethoden und Siegel geben hier Orientierungshilfe.

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Grafik: Winfried Kock

Ein Beitrag von Hartmut Heidenreich aus der Broschüre „ÜberLebensMittelWasser“

2014 wurden in Deutschland 14 Kilogramm Fisch pro Kopf verzehrt  – übrigens dennoch weniger als der globale Durchschnitt von fast 20 Kilogramm.1 Fisch und „Meeresfrüchte“ sind nicht nur wegen ihres Geschmacks gefragt, sondern auch wegen ihrer ernährungsphysiologisch wertvollen Bestandteile, etwa Omega-3-Fettsäuren, besonders bei Makrele und Lachs. Andere – vor allem Raubfische wie Heilbutt, Rotbarsch und Thunfisch – gelten als eher belastet, etwa mit dem besonders giftigen Methylquecksilber – und sollten v.a. von Schwangeren und Stillenden gemieden werden!

Bekannt ist auch, dass die Herkunft und Fangmethode bei Fischen von Bedeutung ist: So sind etliche Bestände schon überfischt, teils werden zerstörerische Schleppnetze in bis zu 2000 Metern Tiefe über den Meeresboden gezogen oder es gibt einen hohen Anteil Beifang – unerwünschte Meerestiere im Netz, die gleichwohl sterben und wieder über Bord geworfen werden. Treibnetze werden wegen besonders hohen Beifangs, etwa an Delfinen, kritisiert.2

In Aquakulturen werden zum Beispiel in Fjorden in gut 50 Meter tiefen Netzen über 100.000 Lachse gezüchtet. Teils zerstören ihre Exkremente das Leben im Meer unter ihnen, teils tragen „entsprungene“ Lachse Krankheiten und Mutationen in natürliche Bestände. 90 Prozent der Aquakulturen befinden sich allerdings in Asien. Wie auch sonst in der Massentierhaltung wird auch hier gegen Krankheiten, Algen oder Parasiten massiv pharmakologisch und chemisch gearbeitet – mit Folgen für die Umgebung, besonders bei Shrimps-Farmen.

Zudem werden große Zuchtfische mit Fischmehl und -öl aus kleineren Fischen gemästet. Ein Drittel des weltweiten Fischfangs wird zu Fischfutter verarbeitet. Aus 4 Kilogramm Wildfisch wird so 1 Kilogramm Fischfleisch aus Aquakultur. Alternative Betriebe reduzieren den Fischmehlanteil und achten darauf, dass er zum Beispiel vom Beifang oder von Abfällen der Fischindustrie stammt, setzen ansonsten auf natürliche und ökologisch erzeugte Nahrung. Geringe Besatzdichte, Artenvielfalt, Verzicht auf Hormone und Gentechnik sind weitere Kriterien.3

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Leider bestehen immense Überkapazitäten im Fischfang. Zu viele und immer mehr Schiffe versuchen immer mehr Fische zu fangen. Grafik: Winfried Kock

Man schätzt, dass durchschnittlich ein Drittel des Fangs in Netzen Beifang ist, bei Scholle, Seezunge oder Krabben deutlich mehr als die Hälfte – und das geht wie gesagt als Abfall wieder über Bord. Da neben anderen Meerestieren auch Jungtiere Beifang sind, haben diese gar nicht mehr die Chance, größer zu werden oder sich fortzupflanzen. Das ist jeweils ein massiver und zerstörender Eingriff in den natürlichen Kreislauf. Nur bei fünf Fischarten – darunter Scholle, Hering und Seelachs – rechnet man mit einem natürlichen Ersetzen der gefangenen Bestände. Mehr als die Hälfte der natürlichen Bestände gelten als überfischt.4 Zudem gibt es einen Verdrängungswettbewerb: Europäische Fangflotten fischen 30 Prozent ihres Fangs längst weit außerhalb Europas, vor Afrika, vor Südamerika, vor Indien, im Asiatischen Meer.5 Hier konkurrieren nicht nur riesige schwimmende Fischfabriken unterschiedlicher Herkunft, sie schöpfen auch den Fang vor den heimischen und küstennahen Fischern ab.

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Es waren noch nie so wenige Fische in den Weltmeeren wie jetzt. Grafik: Winfried Kock

Welche Fische kann man also noch kaufen und essen? Ist Aquakultur besser oder Wildfisch?

Das ist jeweils nicht ganz einfach zu sagen, denn aus einem Fanggebiet oder einer Zucht kann ein Fisch unbedenklich sein, von woanders aber sehr wohl problematisch. Wenn man es genau wissen will, hilft nur, sich eine Tabelle zum Einkauf mitzunehmen, wie sie etwa der WWF bietet.6 Oder man richtet sich nach den zertifizierten Angeboten: Auch wenn es noch offene Fragen gibt, so sind doch eine Orientierungshilfe die Bio- und Umweltsiegel von MSC (Marine Stewardship Council) bei Wildfisch, ASC (Aquaculture Stewardship Council) bei Zuchtfisch sowie Bioland und Naturland.


1 | Vgl. DIE ZEIT Nr. 3, 14.01.2016, 36.
2 | Vgl. z.B. Der neue Fischer Weltalmanach 2015. Zahlen – Daten – Fakten, Frankfurt 2014, 711ff.
3 | Vgl. www.oeko-fair.de/clever-konsumieren/essen-trinken/fisch/zucht-und-fang/aquakultur/aquakultur2
4 |  Vgl. www.planet-wissen.de/natur/meer/ueberfischung_der_meere/index.html
5 | Vgl. www.wwf.de/themen-projekte/meere-kuesten/fischerei/ueberfischung/weltweite-ueberfischung/ (letzte Aufrufe jeweils 2016-02-09)
6 | Vgl. www.wwf.de/aktiv-werden/tipps-fuer-den-alltag/vernuenftig-einkaufen/einkaufsratgeber-fisch/einkaufsratgeber-fisch/
sowie www.wwf.de/fileadmin/fm-wwf/Publikationen-PDF/WWF_Einkaufsratgeber_Fische_und_Meeresfruechte.pdf

Weiterlesen: Broschüre „ÜberLebensMittelWasser“

Eine neue Broschüre vermittelt Einsichten und Handlungsalternativen rund um das Thema Wasser – von der Vermüllung der Meere über die Umweltprobleme mit Kreuzfahrtschiffen bis zu Konflikten um Wasser. Eine anregende Meditation über das Element Wasser findet sich ebenso wie je ein Beitrag zum Sonnengesang des Heiligen Franziskus und zur Umweltenzyklika des Papstes Franziskus. Aber auch Alltagspraktisches kommt nicht zu kurz: Welches Wasser kann man noch trinken, wie Plastikmüll vermeiden – und was können wir jeweils konkret dafür tun, dass Wasser geschützt wird und alle Menschen die Chance auf sauberes Wasser haben? Den 31 kurzen Beiträgen sind interessante Fotos und illustrative Grafiken beigegeben. Autorinnen und Autoren sind neben dem bekannten Klima- und Ozeanforscher Mojib Latif Fachleute der Herausgeber-Organisationen MISEREOR, der Katholischen Erwachsenenbildung (KEB) und der Stiftung ZASS der Katholischen Arbeitnehmerbewegung.

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Gast-Autorinnen und -Autoren im Misereor-Blog.

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