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Im Herzen Südamerikas

Coronel Oviedo im Osten Paraguays: MISEREOR unterstützt die Sozialpastoral der Diözese zur Stärkung von Kleinbauern- und Indigenen-Gemeinschaften. Wir – eine Gruppe von Lehrkräften, Lehramtsstudierenden und Multiplikatoren des Globalen Lernens – besuchen die Stadt Coronel Oviedo am 3. und 4. Oktober und machen uns, unterstützt durch die Teams der Campesino- und Indigenen-Pastoral, auf den Weg zu verschiedenen Kleinbauern- und Indigenen-Gemeinden.

Mitwirkende des Kooperationsprojekts „Globales Lernen“. Foto: Gaidetzka / MISEREOR

Die Idee zu dieser Paraguayreise entstand, weil unsere Kollegin Dr. Monika Bossung-Winkler, Bildungsreferentin von Misereor an Schulen im Bistum Speyer, im Jahr 1989 direkt nach dem Sturz des Diktators Alfred Stroessner das Land Paraguay besuchte.

Neben den tief sitzenden Erlebnissen von damals, als die Bevölkerung den Sturz des Diktators feierte, blieb bei ihr insbesondere die Herzlichkeit und Freundlichkeit der Menschen in Erinnerung. Jetzt, fast 30 Jahre später, hat sich ihr Wunsch erfüllt, gemeinsam mit Kollegen aus dem Schuldienst samt Lehramtsanwärterinnen der Universität Landau erneut das Land zu besuchen. Die 21-köpfige Gruppe wurde ergänzt durch weitere, an Bildungsarbeit interessierte Personen aus unterschiedlichen Regionen Deutschlands unter der Leitung von Studiendirektorin Birgitta Greif von der Schulabteilung des Bistums Speyer und Petra Gaidetzka, der Bildungsreferentin von Misereor.

Bereist man den Osten Paraguays, so begleitet einen eine tiefgrüne Landschaft, durchzogen von intensiv roten Sandstraßen. Die Dörfer am Straßenrand wirken wie bunte Farbkleckse mit Häusern in Türkis, Orange und rosaroten Pastellfarben. Unsere Bildungsreise ließ uns an vielen Orten hinter die Kulissen schauen und wir hatten ein wenig die Möglichkeit, in das Leben der Menschen einzutauchen. Von bleibender Erinnerung ist der Besuch bei SERPAJ in Asuncion, weil diese Organisation, die sich um die Bewahrung und Durchsetzung der Menschenrechte bemüht, uns den Besuch des Armenviertels „Los Banados“ ermöglicht hat. Wie in einem Brennglas zeigt sich hier das Elend am Rande der Großstadt, wo Überfluss und Elend nur wenige Hundert Meter auseinander liegen.

Die freigesetzten Campesinos, die auf ihrem eigenen kleinen Landstück durch die Kontaminierung mit Glyphosat nichts mehr erwirtschaften können, landen oft in den städtischen Armenvierteln und schlagen sich dort mit Gelegenheitsjobs durch. Auch die Kinder müssen mitverdienen. Foto: Gaidetzka / MISEREOR

Genauso eindrucksvoll sind die Besuche bei indigenen Gruppen der Diözese Coronel Oviedo gewesen. Diese Gemeinschaften versuchen, ihr traditionelles Leben zu erhalten. Die Sozialpastoral der Diözese unterstützt sie dabei, ein Auskommen zu erwirtschaften, das ihre Unabhängigkeit sichert; z.B. durch das Anlegen von Fischteichen. Die beratenden Agraringenieure werden von Misereor finanziell unterstützt. Sie beraten und fördern auch die Campesinos, die sich durch kreative Methoden wie Bienenzucht, Bioanbau und mit dem Anlegen von Kleingärten kleine, neue Einkommensquellen erschließen. Daneben dienen auch der Anbau und die Weiterverarbeitung von Maniok und Zuckerrohr einem Zusatzeinkommen.

Maniok ist ein Grundnahrungsmittel in Paraguay. Foto: Dr. Monika Bossung-Winkler

Dabei werden insbesondere Frauenkooperativen gefördert, was in der patriarchalischen Gesellschaftsstruktur nicht selbstverständlich ist.
Durch den Film „Raising Resistance “ (2008), werden wir mit der Notlage kleinbäuerlicher Gemeinschaften konfrontiert, die durch den großflächigen Anbau von genmanipuliertem Soja und dem Einsatz großer Mengen Glyphosat in ihrer Lebensgrundlage und Gesundheit bedroht werden. Es war außergewöhnlich, dass wir mit Juana, einer der Protagonistinnen, diskutieren und Informationen aus erster Hand erhalten konnten.

Ein weitläufiges Feld mit frisch gesetzter transgener Soja. Die Bearbeitung mit großen Landmaschinen ersetzt hunderte von Arbeitskräften. Foto: Gaidetzka / MISEREOR

Ähnlich wie in Coronel Oviedo arbeitet man auch in der Sozialpastoral in San Ignacio, das der Diözese San Juan Bautista angehört . Auch ihre ländliche Beratungsarbeit wird von Misereor unterstützt. Überall da, wo wir spüren, dass sich engagierte Mitarbeiter der Partnerorganisationen von Misereor um die Weiterentwicklung der ansonsten vernachlässigten Campesinos kümmern, sehen wir Lichtblicke, dass sich vielleicht etwas ändert an der großen Ungerechtigkeit, die wie ein unzerschlagbarer Gordischer Knoten das Land knebelt.
Welche Konsequenzen ergeben sich für uns aus diesen Reiseerfahrungen? Zum einen sollten wir uns bewusst werden, dass unser hoher Konsum an Fleisch nicht möglich ist ohne den Import von Soja aus Paraguay, welches als Kraftfutter in der Tiermast eingesetzt wird.

Zum anderen sollten wir uns darüber informieren, wie unsere Lebensmittel produziert werden und wir sollten uns als kritische Verbraucher engagieren. Der hohe Einsatz von Glyphosat gelangt unzweifelbar in die Nahrungskette. Noch wissen wir nicht, welche Auswirkungen dies auf unsere Gesundheit hat. Die negativen Seiten der Massenproduktion und deren Auswirkung auf die Lebenssituation der Menschen auf der südlichen Erdhalbkugel dürfen wir nicht aus den Augen verlieren.

Uns beflügelt das Engagement einzelner Menschen und Organisationen vor Ort darin, dass wir nicht nachlassen sollen, auch auf kleine Erfolge zu setzen. Wir haben gesehen, dass sich im Kleinen etwas verändern kann, wenn Menschen in ihrer täglichen Arbeit begleitet werden, so wie das durch die Pastoral Rural in Coronel Oviedo und durch die Pastoral Social in San Ignacio geschieht. Das sind Hoffnungsträger für die Entwicklung des Landes hin zu mehr Gerechtigkeit.

Unserer Dank für diese besondere Reise gilt den Organisatoren.

Die Reise nach Paraguay fand im Rahmen des Kooperationsprojektes „Globales Lernen“ von MISEREOR und dem Bistum Speyer statt unter der Leitung von Dr. Monika Bossung-Winkler.
Autoren: Silvia Breidel und Bernhard Anstett 

Weitere Informationen

Sojaanbau in Paraguay: Entmenschlichung und Verarmung statt Fortschritt

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Gast-Autorinnen und -Autoren im Misereor-Blog.

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