Die Hauptlast der Klimakrise tragen die Menschen im globalen Süden. Dabei haben sie kaum dazu beigetragen. Wie aber kann in diesen Zeiten eine klimagerechtere Welt aussehen? Die Fastenaktion 2022 nimmt diese Frage unter dem Leitwort „Es geht! Gerecht.“ in den Blick. Eindrucksvolle Geschichten von MISEREOR-Partnerorganisationen aus Bangladesch und von den Philippinen zeigen, wie auch sie alles daransetzen, die Schalter umzulegen hin zu Klimagerechtigkeit. So zum Beispiel IDIS (Interfacing Development Interventions for Sustainability) von den Philippinen. Im Interview erzählt ihr Leiter Mark Peñalver von lokalem und globalem Engagement, unserer Verantwortung gegenüber der Schöpfung und was in ihm den Drang geweckt hat, sich für mehr Klimagerechtigkeit einzusetzen.
Was bedeutet ‚Gerechtigkeit‘ für Sie konkret?
Mark Peñalver: Das Streben nach Gerechtigkeit ist sowohl ein politischer als auch ein sozialer Kampf. Politisch, weil er sich gegen die Mächtigen richtet, gegen ihre Vormachtstellung und gegen ihre Privilegien. Sozial, weil er sich gegen das Prinzip richtet, nach dem diejenigen, die ohnehin viel haben, mehr bekommen und diejenigen, die weniger haben, nichts bekommen. Es sind diese Ungleichheiten, die Gerechtigkeit so schwer fassbar und das Streben nach Gerechtigkeit so schwierig machen. Daher betrifft diese Frage der Gerechtigkeit insbesondere all jene, die gerade zur Verschärfung der Ungerechtigkeit in der heutigen Zeit beitragen – Politiker*innen, Entscheidungsträger*innen und Unternehmen auf lokaler und globaler Ebene. Gerade diese Hauptakteure sollten sich für mehr Gerechtigkeit einsetzen und die eigenen Privilegien infrage stellen.
Wie kann mehr Klimagerechtigkeit erreicht werden? Was motiviert Sie, diese einzufordern?
Mark Peñalver: Für Klimagerechtigkeit einzutreten ist eine harte und inspirierende Sache zugleich. Hart, weil man gegen einflussreiche Persönlichkeiten und Konzerne kämpfen und Rechenschaft für die Handlungen einfordern muss, die zu ökologischer Unterdrückung führen. Inspirierend, weil es viele Bewegungen gibt, die sich lokal und global für Klimagerechtigkeit einsetzen, besonders die der jungen Generationen.
Wenn es darum geht, Gerechtigkeit gegenüber den Verursachern dieser Klimakatastrophe einzufordern, sollten die Menschen aktiver und furchtloser sein. Es braucht viel Mut, im Angesicht der Klimakrise nach Gerechtigkeit zu verlangen. Und es bedarf kollektiver Anstrengungen, um hier tatsächlich Gerechtigkeit zu schaffen. Es braucht nicht weniger als einen Paradigmenwechsel, um die systemische Unterdrückung zu ändern. Wir können nicht so weitermachen wie bisher. Die Forderung nach Klimagerechtigkeit sollte mit der Forderung nach einem Systemwechsel verbunden werden.
Sich für Klimagerechtigkeit einzusetzen, ist eine Herausforderung, weil man hier oft gegen einflussreiche Persönlichkeiten und Unternehmen ankämpfen und Rechenschaft für die Handlungen einfordern muss, die zu ökologischer Zerstörung führen. Dieses Engagement ist aber auch sehr inspirierend, weil es derzeit viele lokale und globale Bewegungen gibt, die sich für Klimagerechtigkeit einsetzen, vor allem die der jungen Generationen. Das spornt mich und uns bei IDIS immer wieder an, dass wir uns für Klimagerechtigkeit einsetzen. Denn wir setzen uns nicht nur für uns selbst, sondern auch für die Zukunft der jungen und kommenden Generationen ein.
Wie verschaffen Sie dem Anliegen der Klimagerechtigkeit mehr Gehör?
Organisationen, die sich für ökologische und soziale Gerechtigkeit einsetzen, bieten den Menschen eine Möglichkeit, ihre Stimme zu erheben, damit auch diejenigen, die an der Macht sind, sie vernehmen. Vor allem Partnerschaften und breite Netzwerke verschiedener Organisationen tragen viel dazu bei, dass unsere Stimmen gehört werden. Mit Aufkommen der sozialen Medien sind wir für die Verbreitung von Informationen nicht mehr nur auf Fernsehen, Radio und Printmedien angewiesen. Damit bieten sich uns gute Plattformen, um unsere Stimme zu erheben und die Menschen aufzuklären.
Aus welcher Haltung heraus – auch spirituellen – speist sich Ihr Engagement?
Schon in meinen Kindheitstagen wurde mir in der Schule und zu Hause beigebracht, dass ‚Sauberkeit der Gottesfurcht sehr nah kommt‘, dass ‚alle Lebewesen zu respektieren sind, wie sie von Gott geschaffen wurden‘, und dass ‚wir nur die Verwalter der Erde sind‘. Diese Lehren klingen in mir bis heute nach. Als bloße Verwalter der Erde sind wir dazu aufgerufen, uns gut um Gottes Schöpfung zu kümmern – zu schützen und nicht zu zerstören; zu pflegen und nicht zu vernachlässigen.
Wer sollte für Gerechtigkeit sorgen, jede und jeder Einzelne? Die Politik? Der globale Norden und der Süden? Was würden Sie Deutschen zum Thema Klimagerechtigkeit sagen?
Jede und jeder sollte sich für Klimagerechtigkeit einsetzen. Diejenigen, die mehr zu diesem Problem beigetragen haben, sollten jedoch mehr tun, als diejenigen, die weniger beigetragen haben. Von Ländern oder Menschen, die weniger Schuld tragen, das gleiche Maß an Verantwortung zu verlangen wie von denen, die mehr verursachen, ist nicht gerecht, sondern vielmehr Unterdrückung. Daher sollte es ein gemeinsames Vorgehen aller Nationen sowohl aus dem globalen Norden als auch aus dem globalen Süden geben.
Deutschland ist eine der reichsten Wirtschaftsnation und gehört zu den G7. Es durchlief eine massive Industrialisierung, die zu hohen Kohlenstoffemissionen und massiver Umweltzerstörung beitrug, deren Auswirkungen gerade heute spürbar sind – in Form der Klimakrise. Ich meine nicht, dass nur Deutschland die alleinige Verantwortung für diesen Klimanotstand trägt. Was ich sage, ist, dass Deutschland und andere Industrienationen viele Jahre lang, bevor wirtschaftliche Stabilität erreicht wurde, auch zu weiteren Gefährdungen der Menschen, der Umwelt und des Planeten beigetragen haben. Sie in Deutschland sind jetzt in der Lage, Klimagerechtigkeit von Ihrer Regierung zu verlangen und können damit beginnen, Länder zu unterstützen, die von den Folgen des Entwicklungspfades nach „westlichem“ Muster stark betroffen sind.
Worin würden Sie einen wichtigen Beitrag Ihrerseits zu Klimagerechtigkeit sehen?
Ich denke, mein wichtigster Beitrag zur Klimagerechtigkeit ist die Stärkung der Gemeinden durch Bildung – die Aufklärung der Gemeinden über Umweltgesetze und Umweltschutz. Außerdem beteilige ich mich an der Erarbeitung von Strategien und Vorschriften, die auf die Förderung nachhaltiger Alternativen abzielen und Aktivitäten regulieren, die katastrophale Auswirkungen auf die Umwelt haben können.
Wie betrifft Sie der Klimanotstand vor allem?
Als Sohn eines Landwirts kann ich sehen, dass der Klimawandel unsere Branche stark beeinträchtigt. Das hat in mir den Drang geweckt, mich mehr für Klimagerechtigkeit einzusetzen und zu arbeiten. Klimakatastrophen sollten mit Dringlichkeit angegangen und mit höchster Priorität behandelt werden.
Gute Ergänzung / Alternative zum ’normalen‘ Fasten: AUTO-Fasten:
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