„Bauer zu sein bedeutet, Kontrolle zu haben über das Land, das wir bewirtschaften“, sagt Oweimar Viveros, während er den Blick über die zerklüftete Berglandschaft schweifen lässt. Auch wenn es nur zwei Hektar sind, wie in seinem Fall. „Man kann das Land mit Chemikalien behandeln, es umgraben und versuchen, den maximalen Ertrag der gerade auf dem Weltmarkt gut verkäuflichen Früchte herauszuholen – oder man kann sich davon befreien und versuchen, lediglich behutsam in die Fülle des Lebens einzugreifen, um das Gleichgewicht der Millionen von Mikroorganismen so wenig wie möglich zu stören.“
Agroforstwirtschaft für ein besseres Leben
Diesen Weg hat er gewählt. Bewusst gegen die bisherigen Regeln, bewusst gegen das Marktdiktat. Ertragen musste die Familie von Oweimar die Schwarzmalerei des Kaffeeverbands und das Getuschel der Dorfbewohnerinnen und -bewohner, die ihr Agroforstsystem für ein Zeichen von Verwahrlosung hielten. Ohne die anhaltende Unterstützung der Landpastoral hätte die Familie diesen Paradigmenwandel wohl nicht durchgehalten. Es brauchte einen langen Atem, erinnert sich der Koordinator der Landpastoral, Rafael Jurado. „Bäuerinnen und Bauern ändern ihre Gewohnheiten nicht so schnell.“ Inzwischen, nach 35 Jahren, ist in Nariño eine Art Biocluster entstanden. 3000 Familien haben Kurse durchlaufen, viele haben ihre Höfe umgestellt. Sie haben wieder aufgeforstet und trennen ihren Müll, sie organisieren Bauernmärkte und Sparkooperativen. Hunger ist kein Thema mehr, viele der Familien konnten ihre Lebensqualität deutlich verbessern, Motorräder kaufen und ihre Kinder zum Studium in die Stadt schicken.
Beide, Oweimar und Rafael, werden Gäste unserer diesjährigen Fastenaktion in Deutschland sein.
Der Weg zu nachhaltigem Kaffeeanbau und finanzieller Unabhängigkeit
„Den Abfall haben wir früher in den Fluss gekippt“, erzählt Oweimar Viveros. Jetzt wird er auf einem Komposthaufen zu Dünger vergoren. So wenig Müll wie möglich zu produzieren ist das Ziel des jungen Bauern. Auch wirtschaftlich hat er ehrgeizige Pläne. Zusammen mit anderen jungen Kaffeebauern hat Oweimar Viveros vor kurzem eine Genossenschaft gegründet. Mit ihr wollen sie künftig ihren Kaffee selber verarbeiten, eine eigene Marke Qualitätskaffee etablieren und damit mehr direkte Einnahmen erzielen. Beratend zur Seite stand ihnen auch da wieder die Landpastoral. Der Kaffeeverband, der als Zwischenhändler zum Weltmarkt auftritt, hat daran wenig Interesse. Neulich zeigte jemand anonym die Bauern an, sie kommerzialisierten Kaffee ohne Genehmigung, erzählt Oweimar Viveros beim Workshop zur Herstellung von organischem Dünger. Die Teilnehmer des Workshops werden hellhörig und sind empört. Oweimar bringt so leicht nichts aus der Ruhe. Hindernisse, hat er in der Landpastoral gelernt, sind schließlich zum Überwinden und daran Wachsen da.
Der Klimawandel ist greifbar, gerade was Regen und Pilzkrankheiten angeht. Zugleich sind weltweit etwa 30 Prozent der Agrarflächen dabei zu verwüsten. Die agroökologischen Schulen im Bundesstaat Nariño versuchen, praktische Vorschläge zu erarbeiten und umzusetzen: vom Kunstdünger zum Organischen, vom Mangel zu Diversität und einer gesunden Ernährung, Sorgetragen für die Natur und Weiterverarbeitung von selbst erzeugten landwirtschaftlichen Produkten und dabei die Gemeinschaft stärken.
Fastenaktion 2024
Erfahren Sie mehr von Kleinbäuerinnen und Kleinbauern, über Anbaumethoden und Ernährung in der Diözese Pasto und über die Fastenaktion 2024 unter fastenaktion.misereor.de
Nachhaltige Landwirtschaft und Ernährung in Kolumbien
Im Rahmen der Misereor Reise nach Kolumbien besuchte unsere Delegation den kleinen Hof von Claudia Burbano, einem Gast der Eröffnung in Ludwigshafen. Sie bewirtschaftet einen halben Hektar, was 5.000 Quadratmeter entspricht, im Süden Kolumbiens, im Bundesstaat Nariño. Weiterlesen >