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Friedensverhandlungen für Mindanao nach wie vor in Gefahr

Drei Tage Waffenruhe – und danach? Seit Februar herrscht in Teilen Mindanaos wieder Krieg. Ein „totaler“ Krieg, den die philippinische Armee gegenüber der BIFF (Bangsamoro Islamic Freedom Fighters) erklärt hat, einer nach wie vor gewaltbereiten Splittergruppe der MILF (Moro Islamic Liberation Front). Die MILF hatte nach jahrelangen und harten Verhandlungen mit der philippinischen Regierung einen Friedensvertrag abgeschlossen. Der muss nun durch ein entsprechendes nationales Gesetz besiegelt werden.

Mit vielen anderen setzt sich die MISEREOR-Partnerorganisation PMPI für Frieden ein. Foto: PMPI

Mit vielen anderen setzt sich die MISEREOR-Partnerorganisation PMPI für Frieden ein. Foto: PMPI

Das Bangsamoro Basic Law (BBL) liegt dem Parlament bereits zur Beratung vor und sollte noch vor Mitte 2016, dem Ende der regulären Amtszeit von Präsident Aquino, verabschiedet werden. Das BBL räumt dem großenteils muslimisch bewohnten Teil Mindanaos (Bangsamoro) weitgehende Autonomie ein. Nach 40 Jahren Bürgerkrieg, über 100.000 Toten und mindestens 2 Millionen intern Vertriebenen sollte es der Bevölkerung endlich Frieden bringen. Doch aufgrund eines misslungenen Anti-Terror-Einsatzes hat diese Aussicht auf Frieden einen herben Rückschlag erlitten. Fast 70 Menschen verloren bei dem am 25. Januar unter dem Namen „Operation Exodus“ durchgeführten Einsatz ihr Leben. Die USA spielten bei dem Einsatz offenbar eine wesentlich wichtigere Rolle als zuerst angenommen. Planung, Vorbereitung, Finanzierung und Logistik sollen einem Bericht des Senats zufolge in den Händen amerikanischer Geheimdienstexperten und des FBI gelegen haben. Der wegen Terrorismus international gesuchte malaysische Sprengstoffexperte „Marwan“ soll bei dem Einsatz getötet worden sein. Seine Ergreifung sei für die USA wichtiger gewesen als für die Philippinen. Präsident Aquino wird eine erhebliche Mitschuld an den Vorfällen, wenn nicht gar die Hauptverantwortung, gegeben und die Forderungen nach seinem Rücktritt werden immer lauter („US-Komplize unter Druck“ von Rainer Werning/Junge Welt).

Über 90.000 Menschen sind seit Ende Februar 2015 in Mindanao wieder auf der Flucht; 80.000 von ihnen allein in den beiden hauptsächlich betroffenen Provinzen Maguindanao und Nord-Cotabato. Und jeden Tag werden es mehr. Sie sind auf der Flucht vor der Gewalt der Armee und vor den wiederaufgeflammten Kämpfen der rivalisierenden BIFF und MILF. Schulen sind geschlossen; den Flüchtlingen mangelt es am Nötigsten. Partnerorganisationen von Misereor verteilen Lebensmittel und andere lebensnotwendige Dinge unter denen, die von der Hilfe der Regierung und der internationaler Organisationen nicht erreicht werden. Immerhin hatte die Armee angekündigt, vom 24.-26. März die Waffen ruhen lassen – damit Schüler und Schülerinnen wieder für drei Tage zur Schule gehen konnten, denn in diesen Tagen war Examenszeit.

Wie es weitergehen wird, weiß zurzeit niemand. Das Parlament hat inzwischen die Beratung des BBL vorerst auf Eis gelegt. Vorurteile gegen die muslimische Bevölkerung Mindanaos und einseitige Schuldzuweisungen ausgerechnet an die MILF – ohne deren Verhandlungsbereitschaft und –willen der Friedensvertrag nie zustande gekommen wäre – gewinnen wieder die Oberhand. Dazu trägt auch die Medienberichterstattung in den Philippinen bei, aber auch Scharfmacher in den Reihen der Politik. Um dem entgegenzutreten, haben zivilgesellschaftliche Organisationen inzwischen eine Kampagne für Frieden ins Leben gerufen.

Und auch namhafte Vertreter der katholischen Kirche beziehen Stellung für die unbedingte Fortführung des Friedensprozesses. So wandte sich Kardinal Quevedo, Bischof der vom Konflikt betroffenen Diözese Cotabato, am 8. März 2015 in einem Offenen Brief an die 90 % Katholikinnen und Katholiken auf den Philippinen. In seinem eindringlichen Appell stellt Quevedo den derzeit kursierenden Mythen über das BBL und die Zukunft Mindanaos die wesentlichen Fakten entgegen. Er erinnert an die christlichen Werte: Gerechtigkeit und Frieden, Wahrheit, Liebe und Harmonie und ruft dazu auf, statt Vorurteilen Vernunft walten zu lassen und das verloren gegangene gegenseitige Vertrauen wieder aufzubauen. Der in greifbare Nähe gerückte Frieden für Mindanao darf nicht zum „Kollateralschaden“ eines fehlgeschlagenen Einsatzes und des von den USA angeführten Internationalen „Kriegs gegen den Terror“ werden.

Peacetalk_Brief_Kardinal_Quevedo_Deutsch

Elisabeth Strohscheidt befasst sich bei MISEREOR mit Fragen der Friedensförderung und Konflikttransformation. Vom 27. Januar bis 4. Februar war sie zu Gesprächen mit Partnerorganisationen in den Philippinen, unter anderem auch im Konfliktgebiet Mindanao.

Blog zur Situation auf Mindanao vom 11.März 2015

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Elisabeth Strohscheidt befasst sich bei MISEREOR mit Fragen der Friedensförderung und Konflikttransformation.

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