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Agrargigant Bayer unter Druck

Organisationen aus Südamerika und Deutschland reichen OECD-Beschwerde ein

„Das Soja steht uns bis zum Hals“, so lautet ein Statement aus Paraguay. Ähnliches gilt für viele weitere Menschen in Brasilien, Bolivien und Argentinien. Kleinbäuerliche, indigene Gemeinschaften sind besonders betroffen. Sie berichten von Pestizidvergiftungen, Abholzung wichtiger Ökosysteme und Vertreibung. Gleichzeitig erzielt der deutsche Agrochemiekonzern Bayer nach der Übernahme von Monsanto Milliarden-Umsätze mit dem Verkauf von gentechnisch verändertem Soja-Saatgut und gefährlichen Pestiziden auf dem südamerikanischen Markt.

© Misereor

Anlässlich der bevorstehenden Aktionärsversammlung des Bayer-Konzerns sind Vertreter*innen der Menschenrechts- und Entwicklungsorganisationen CELS (Argentinien), Terra de Direitos (Brasilien), Base IS (Paraguay) und Fundación Tierra (Bolivien) nach Deutschland gekommen. Gemeinsam mit dem European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) und Misereor reichen sie eine OECD-Beschwerde gegen die Bayer AG ein. Denn: Bayers Geschäft mit gentechnisch verändertem Sojasaatgut und dem Pestizid Glyphosat trägt zu wesentlichen Schäden an der Umwelt und menschlichen Gesundheit in Argentinien, Bolivien, Brasilien und Paraguay bei. Die Rechte der betroffenen Gemeinden auf eine gesunde Umwelt, Gesundheit, Nahrung und Land werden verletzt. Bayer verstößt damit gegen die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen.

In Monsantos Fußstapfen

Brasilien, Argentinien, Paraguay und Bolivien sind unter den Top 10 der weltweit größten Sojaproduzenten und mehr als 90% der dort angebauten Sojabohnen sind gentechnisch verändert. Das Soja- und Pestizidgeschäft wird von wenigen multinationalen Konzernen dominiert. Dazu gehören Bayer, BASF, Syngenta und Corteva. Im Jahr 2018 schloss Bayer die Übernahme von Monsanto ab und positionierte sich damit an der Spitze des südamerikanischen Saatgut- und Pestizidmarktes.

Bayer ist über seinen Geschäftsbereich „Crop Science Cono Sur“ an der Produktion, Vermarktung und dem Vertrieb von gentechnisch verändertem Soja Saatgut und auf Glyphosat basierenden Pestiziden beteiligt. Dadurch hat die Bayer AG, bzw. in der Vergangenheit Monsanto, aktiv zur Entwicklung eines industriellen Agrarmodells in der Region beigetragen, dass mit Menschenrechts- und Umweltrisiken wie Trinkwasservergiftung, Vertreibung indigener Gemeinschaften und Abholzung von Regenwald verbunden ist. In bestimmten Fällen trägt Bayer durch seine Produkte Verantwortung für akute Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden.

Ein Werbeplakat für Sojaanbau vor einem Wald
© Misereor

Verstöße gegen die OECD-Leitsätze

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) gibt in ihren Leitsätzen zu verantwortungsvollem unternehmerischem Handeln Empfehlungen an multinationale Unternehmen, um negative Auswirkungen ihrer Geschäftstätigkeit auf Menschenrechte, Umwelt oder Klima zu vermeiden.

Bayer ist eines der größten Unternehmen in Deutschland und fällt unter das seit 2023 geltende deutsche Lieferkettengesetz. Sogenannte „nachgelagerte“ Aktivitäten, wie z. B. Auswirkungen, die sich aus dem Verkauf von gefährlichen Produkten ergeben, werden durch das neue Gesetz aber nicht geregelt. Gemäß internationaler Standards wie den OECD-Leitlinien sollen Unternehmen jedoch auch bei diesen nachgelagerten Tätigkeiten eine Sorgfaltspflicht integrieren.

 Die Analyse der Partnerorganisationen zeigt, dass Bayer über keine angemessene Menschenrechts- und Umweltpolitik verfügt, die speziell auf die tatsächlichen und potenziellen Risiken in den jeweiligen Kontexten der Länder eingeht. Das Unternehmen kommt seiner menschenrechtlichen und ökologischen Sorgfaltspflicht in der nachgelagerten Wertschöpfungskette nicht nach. Darüber hinaus hat es Bayer versäumt, notwendige Präventivmaßnahmen zu entwickeln und umzusetzen, um Menschenrechts- und Umweltrisiken für Menschen , die in der Umgebung von Sojafeldern leben zu vermeiden.

Wie kann eine OECD-Beschwerde helfen?

Die Bayer AG hat ihren Hauptsitz in Leverkusen, Deutschland. Von dort aus werden die Richtlinien und Praktiken des Unternehmens in Bezug auf den Schutz der Menschenrechte und der Umwelt bestimmt. Daher liegt die Verantwortung für die Einrichtung eines wirksamen Sorgfaltspflichtensystems, einschließlich der Vorbeugung negativer Auswirkungen auf die vom Sojaanbau betroffenen Bevölkerungsgruppen, in erster Linie in Deutschland. Die nationale Kontaktstelle der OECD in Deutschland ist für die Beschwerde zuständig und wird das Verhalten von Bayer analysieren.

Die Organisationen hoffen darauf, dass die Beschwerde zu einer nachhaltigen Änderung von Bayers Geschäftspraktiken führen wird, was sich positiv auf die betroffenen Gemeinden in Brasilien, Bolivien, Paraguay und Argentinien auswirken würde. Denn nur wenn Unternehmen ihre Sorgfaltspflichten entlang der gesamten Wertschöpfungskette wahren, ist eine nachhaltige und auf Menschenrechten basierende Landwirtschaft möglich.


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Sarah Schneider ist Expertin für Landwirtschaft und Welternährung bei Misereor.

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