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„Conga“ vor dem Lateinamerikanischen Wassertribunal

 

Der Fall, den die zwei Vertreter der Misereor Partnerorganisation GRUFIDES (Grupo de Formación e Intervención para el Desarrollo ) vor das Lateinamerikanische Wassertribunal bringen, hat in Peru im Laufe des Jahres 2012 Tausende Menschen zu Protesten auf die Straßen und Plätze getrieben. Die peruanische Polizei und das Militär haben diese Proteste brutal niedergeschlagen. Fünf Protestierende kamen durch die Gewalt der Polizei ums Leben, Dutzende wurden verletzt. In der Region Cajamarca, dem Ort des Geschehens, verhängte die peruanische Regierung im Juli und August diesen Jahres mehrfach und über Wochen den Ausnahmezustand.

Proteste

Proteste

In der Rechtsfakultät der Universität von Buenos Aires ist von den Protestrufen der Demonstranten und von den Tränengasbomben der Polizei nichts zu hören. Gespannt lauschen die Zuschauer und die Vertreter des Tribunals den Ausführungen von Mirtha Vasquez und Sergio Sanchez, während diese den „Fall Conga“ schildern, der einem Globalisierungskrimi gleicht.

Angeklagt sind die peruanische Regierung sowie das Unternehmen Yanacocha.

Die Klage: mit der Umsetzung des Projekts „Conga“ werden wichtige Wassereinzugsgebiete in der Region Cajamarca zerstört und damit das Recht der Bauern auf ausreichendes und sauberes Wasser massiv gefährdet.

Es geht um Gold. Viel Gold. Bereits jetzt betreibt das us-amerikanische Unternehmen Newmont über seine Tochterfirma Yanacocha die größte Goldmine Lateinamerikas in der Region Cajamarca im Norden Perus. Auch die Unternehmen Buenaventura und die Weltbank-tochter IFC sind an dem Projekt beteiligt. Jetzt soll der bestehenden Goldmine ein weiteres, großes Projekt hinzugefügt werden. Das neue Projekt trägt den Namen „Conga“ und liegt in einem

Lagunen

Lagunen

für den gesamten Wasserhaushalt der Region sehr wichtigen Gebiet: 4 große Lagunen und ein dichtes Netz von unterirdischen Wasserläufen überziehen die Landschaft. Hier entspringen Bäche und Flüsse, die weiter unten im Tal die Felder der Bauern mit Wasser versorgen.

All das soll – wenn es nach dem Willen der peruanischen Regierung und des Unternehmens Yanacocha geht – bald unter den großen Baggerschaufeln verschwinden.

Lagune Yanacocha

Lagune Yanacocha

Und es wäre nicht die erste Lagune, die dem Goldbergbau zum Opfer fällt – der Name „Yanacocha“ bedeutet „schwarze Lagune“. Wo sie einst unter dem blauen Himmel schimmerte, klafft heute ein riesiges Loch in der Erde.

 

In unmittelbarer Nähe des Projektes Conga liegen weiter Minenprojekte von diversen anderen Bergbauunternehmen. Insgesamt sind fast 50% der Fläche der Region Cajamarca für den Bergbau konzessioniert. Viele der Bergbaugebiete liegen genau dort, wo sich Lagunen in der Landschaft bilden, wo die Bäche und Flüsse geboren werden, wie die Einheimischen sagen.

Blick in die Mine

Blick in die Mine

Die Mine Conga soll auf einer Fläche von 3.000 Hektar Land installiert werden. Das Unternehmen Yanacocha will hier in den nächsten Jahrzehnten 11,6 Mio. Unzen Gold gewinnen, außerdem Silber und Kupfer in großen Mengen. Täglich sollen hierfür 92.000 Tonnen Gestein gemahlen werden. Chemikalien und Wasser lösen die Mineralien dann aus dem Gestein heraus. Dabei werden täglich Abertausende Liter Wasser benötigt.

Die einzelnen Punkte der Klage:

Die Klageschrift umfasst 49 Seiten und ein großes Bündel an technischen Gutachten, Fotos, Videos, amtlichen Dokumenten und weiteren Unterlagen, die die Klage untermauern.

Vor dem lateinamerikanischen Wassertribunal fassen die Vertreter der Nichtregierungsorganisation GRUFIDES die Kritik der Bevölkerung zusammen und erheben Anklage in folgenden Punkten:

–          Zerstörung von Natur und Wasserquellgebieten: 4 wichtige Lagunen, die als natürliche Wasserspeicher dienen, sollen dem Bergbau geopfert werden. Weitere 5 Lagunen liegen in direkter Nähe des geplanten Projekts und werden durch den Bergbau beeinträchtigt werden.

–          Gefährdung der Lebensgrundlage der Menschen: Mit der Zerstörung der Lagunen werden auch die Quellgebiete zerstört, aus denen Bäche und Flüsse entspringen. Die Bauern in der Region sehen ihre Wasserversorgung und damit die reichhaltige landwirtschaftliche Produktion in Gefahr (67 % der Bevölkerung Cajamarcas leben von der Landwirtschaft und erwirtschaften damit 2011 mehr als 1,2 Mrd. Soles für ihren Lebensunterhalt)

–          Inakzeptable Lösungsvorschläge: Das Unternehmen schlägt vor, anstelle der natürlichen Lagunen mehrere künstliche Wasserreservoirs zu bauen, welche eine ähnliche Menge Wasser fassen, wie die natürlichen Lagunen. Doch mit welchem Wasser werden die Lagunen bespeist? Mit Grundwasser? Mit Wasser, das den Flüssen entnommen wird? Ein künstliches Wasserreservoir ist kein Ersatz für ein natürliches Quellgebiet – die Bauern in Cajamarca fordern den Schutz ihrer natürlichen Wasserquellen.

–          Kritische Stimmen nicht erwünscht: die vom Unternehmen beauftragte Umweltverträglichkeitsstudie weist gravierende Defizite auf. Dies wurde nicht nur von der Bevölkerung in Cajamarca kritisiert, auch hochrangige Mitarbeiter des peruanischen Umweltministeriums waren dieser Meinung – und mussten deshalb ihren Hut nehmen, denn der peruanische Präsident findet: Das Projekt Conga wird kommen!

–          Mängel in der Umweltstudie: mehrere unabhängige Untersuchungen der Umweltverträglichkeitsstudie bestätigen die gravierenden Defizite. Eine von der Regierung beauftrage Gutachterkommission beanstandet ebenfalls, dass der Bau von künstlichen Wasserreservoirs als Ersatz für die natürlichen Lagunen viele Fragen aufwirft, die vom Unternehmen nicht beantwortet werden.

–          Fehlende Objektivität: Umweltverträglichkeitsstudien für Bergbauprojekte wird in Peru vom Generaldirektor für Bergbau im Bergbauministerium bewilligt. Felipe Ramírez del Pino hat vor seiner aktuellen Funktion beim Unternehmen Yanacocha in leitender Funktion gearbeitet.

–          Fehlende Soziale Lizenz: Die Umweltverträglichkeitsstudie wurde der betroffenen Bevölkerung niemals präsentiert. Stattdessen präsentierte das Unternehmen die Studie in einer benachbarten Provinz, in der die Bevölkerung nicht direkt von den Auswirkungen des Projekts betroffen war.

Bauern bei der Lagune

Bauern bei der Lagune

Diese und zahlreiche weitere Argumente gegen das Projekt Conga, sowie das sture Festhalten der Regierung unter Ollanta Humala an dem Projekt Conga führten bereits Anfang des Jahres 2012 zu massiven Protesten in der Region Cajamarca. Die Bauern der Region versammelten sich zu Protestmärschen, zu Mahnwachen, organisierten Veranstaltungen und Foren – sogar ein „Marsch für das Wasser“ wurde organisiert, in dem Hunderte Menschen in einem zweiwöchigen Marsch in die Hauptstadt Lima pilgerten, um ihr Recht auf Wasser einzufordern. Seit über einem Jahr schon geht das nun so. Die Bauern der Region haben ein Lager in den Höhen der Anden aufgeschlagen und bewachen ihre Lagunen Tag und Nacht. Sie nehmen all diese Strapazen in Kauf, weil sie um etwas kämpfen, was für sie wertvoller ist als Gold: Wasser.

Militarisierung

Militarisierung

Die peruanische Regierung verhängte den Ausnahmezustand, militarisierte die Region mit Hunderten von Militärs und Polizisten und griff gegen die Demonstranten hart durch.

Sarg

Sarg

Viele von ihnen wurden vom Staat mit Anklagen belegt – mehr als 303 Anführer des Widerstands müssen sich vor Gericht verteidigen. Am Tag der Beerdigung der fünf Toten wurde der Ausnahmezustand verhängt, die Polizei versuchte, die Menschen davon abzuhalten, ihre Toten zu Grabe zu tragen.

Die peruanische Regierung lässt sich von alledem nicht beeindrucken. „Conga va“ – so lautet die schlichte Antwort, was so viel heißt wie „Conga wird kommen“ – ganz egal, was unabhängige Gutachter und die Bevölkerung vor Ort auch sagen und fordern mögen.

Reservorio San José

Reservorio San José

Das Unternehmen behauptet, das Projekt eingestellt zu haben – doch zur gleichen Zeit hebt es schon die Löcher für die künstlichen Wasserreservoirs aus. Die Vorbereitungsarbeiten laufen auf vollen Touren.

Conga inviable

Conga inviable

Und die Bevölkerung sagt weiter „Conga NO va!“ 78% der Bevölkerung in Cajamarca lehnen das Goldbergbauprojekt ab. Deshalb lautet auch die Petition, die die beiden Vertreter von GRUFIDES beim Wassertribunal vortragen: Das Wassertribunal möge sich dafür aussprechen, dass das Projekt Conga ein für allemal suspendiert wird.

Auch wenn das Wassertribunal kein rechtlich wirksames Urteil sprechen kann, so erwarten die Menschen in Cajamarca doch mit Spannung und Hoffnung den Urteilsspruch, den das Gremium am kommenden Freitag verkünden wird.

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Susanne Friess war als Beraterin mit dem Schwerpunkt Bergbau und Entwicklung für die Lateinamerika-Abteilung von MISEREOR tätig.

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