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Verwickelte Pipelinevielfalt

Das Erdöl der Doba-Region, aus dem Boden befördert durch ExxonMobil, Chevron, Petronas und eingespeist in die über tausend Kilometer lange Pipeline zum Exporthafen von Kribi, spült nach wie vor die meisten – jährlich mehrere Milliarden – Öldollars in die Staatskasse von N’Djaména. Währenddessen sind im Erdölbecken die Schäden der Ausbeutung zu besichtigen (zuletzt im buchstäblichen Sinne anhand der Ausstellung „Ölbiografien“). So bleibt Doba also bis auf weiteres der Hauptschauplatz, wenn es um Tschads Ressourcenausbeutung geht.

LKW-Schlangen säumen die Straßen am Stadtrand, die Lastwagen transportieren gewaltige Stahlrohre zur  Baustelle von Griffiths Energy (Kanada)

LKW-Schlangen säumen die Straßen am Stadtrand, die Lastwagen transportieren gewaltige Stahlrohre zur Baustelle von Griffiths Energy (Kanada)

Tschadische Partner berichten jedoch vermehrt von anderen Fronten: Inmitten des Nationalparks „Séna-Oura“, Diözese Pala, etwa machen hunderte Goldsucher die Gegend unsicher und zerstören den eigentlich unter Artenschutz stehenden Naturpark. Im Umland von Lai werden ganze Wälder wegen eines zweiten Pipeline-Projekts des chinesischen Unternehmens CNPC abgeholzt und Dörfer umgesiedelt.

Unterwegs im Land der Pipeline-Vervielfältigungen stoßen wir auf dieselbe Schwierigkeit wie die tschadischen Basis-NGOs: die neuen Schauplätze der uns geschilderten Entwicklungen sind meist verdammt schwer zu erreichen.

Wie viel einfacher war es da, solange man die eine Autostunde von der Hauptstadt entfernt gelegene chinesischen Raffinerie Djermaya besuchte, um die Auswirkungen des ersten Pipeline-Projekts des chinesisch-tschadischen Konsortiums CNPC zu erkunden. Djermaya liegt 311 km weit weg von den Ölfeldern der Region Bongor (Ronier und Mimosa).

Bei Pala und Lai sind wir jedenfalls vorerst mit unseren Nachforschungen vor Ort gescheitert. Zwar haben wir neulich das chinesische Zementwerk sowie dazu gehörige Kalkbrüche von Pala besucht. Aber nicht die informellen Schürfer in den Goldfeldern Séna-Ouras.

Und in Lai mussten wir erfahren, dass uns Freunde in N’Djaména, natürlich unwissend, in die Irre geführt hatten: Von wegen „33 Kilometer bis zum Pipelinegebiet von CNPC“. Will man nach Ndam (wichtiger Erdölbrunnen) oder Doumougou (Sitz der Subpräfektur) fahren, wo die Pipeline durchführen soll, bedeutet das jeweils eine ganze Tagesreise.

Als wir uns schon mit unserem diesmaligen Scheitern abfinden wollen, begegnen wir schließlich in Moundou doch noch einem der vielen aktuellen – hier zugegebenermaßen unübersehbaren – Pipelineprojekten: Hunderte Meter lange LKW-Schlangen säumen die Straßen am Stadtrand, die Lastwagen transportieren gewaltige Stahlrohre zur Baustelle von Griffiths Energy (Kanada).
Die Subkontrakter von Griffiths, Ingenieure und Techniker aus so ziemlich allen Weltengegenden haben gegenwärtig praktisch ganz Moundou unter Beschlag genommen, zumindest was die Unterkünfte anbelangt.

Ob es sich tatsächlich um eine bevorstehende „Gasförderung“ handelt, wie uns Einheimische sagen, scheint eher unwahrscheinlich, wenn man die Website von Griffiths aufruft, die baldige  Ölförderbeginne bekannt gibt. Jedenfalls werden bald auch die neuen Griffith-Pipelines von Moundou wie die chinesischen der Region Lai einmünden in die zehn Jahre bestehende Doba-Pipeline. Während das andere Ende von Kribi weiterhin leicht zu finden ist, bereiten die vervielfältigten Pipelines und Exportrohranfänge doch einige Unübersichtlichkeit. Ein neues Mapping tut not.

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Andreas Kahler leitete seit April 2012 die MISEREOR-Verbindungsstelle in N`Djaména/Tschad. Seit 2018 ist er Leiter der Verbindungsstelle in Abuja/Nigeria. In seiner Arbeit kümmert er sich um den guten Dialog mit den Partnern von MISEREOR und begleitet die Projekte.

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