Bereits Schülerinnen und Schüler der Grundschule erleben das Thema „Flüchtlinge“ durch das Fernsehen oder aber auch durch die Begegnung mit Flüchtlingen in ihren Heimatorten und Schulklassen. Eine in Zusammenarbeit mit Misereor entstandene Musterstunde für die Grundschule führt die Schülerinnen und Schüler an die Problematik des Lebens von Kindern auf der Flucht heran.
Die Autorin der Musterstunde, selbst Grundschullehrerin, hat die Stunde in einer Klasse gehalten und den Kindern anhand eines Koffers mit Gegenständen wie Scheren, ausgetretenen Schuhen, Wasserflasche, einem Beutel Reis, einer Decke, einer Puppe mit zerrissenen Kleidern die Geschichte der Flucht des syrischen Mädchens Hala erzählt.
Auf der Basis der Geschichte des Flüchtlingsmädchens Hala aus Syrien wird ein möglicher Unterrichtsverlauf dargestellt
Nachdem die Kämpfe und Explosionen von Granaten auch das Viertel der syrischen Stadt Aleppo erreichte, in dem die 11jährige Hala mit ihrer Familie lebte, floh die Familie zu einem Verwandten außerhalb der Stadt und machte sich danach auf den gefahrvollen Weg der Flucht ins libanesische Beirut.
Im Unterricht verbanden viele Kinder mit dem (geschlossenen) Koffer einen Strandurlaub und erzählten, was sie alles einpacken (natürlich lauter schöne Sachen). Nach dem Öffnen des Koffers und der ersten Beschreibung der Gegenstände hat die Lehrerin Halas Foto eingeblendet und mit den Schülerinnen und Schülern darüber gesprochen, wie es ihr wohl geht und warum sie so traurig aussieht. Die Kinder waren davon schon sehr betroffen. Während die Lehrerin von Hala und ihrem Fluchtweg erzählte, hat sie den Weg im Klassenzimmer mit Gegenständen aus dem Koffer gestaltet. Diese Gegenstände auf dem Weg machten deutlich, dass auf der Flucht die schönen Sachen fehlen.
Sich in die Situation eines Flüchtlingskindes versetzen
Die in der Musterstunde vorgeschlagenen verschiedenen Stationen eigneten sich gut, um sich in die Situation eines Flüchtlingskindes zu versetzen: Die Schülerinnen und Schüler sind z.B. den Weg durch den Klassensaal barfuß abgegangen und haben sich für einen Gegenstand auf dem Weg entschieden, der für sie das symbolisiert, was sie auf „ihrem“ Fluchtweg vermisst haben. Sie begründeten ihre Auswahl. Viele empfanden es als unangenehm, barfuß zu gehen. Außerdem haben sich die Schülerinnen und Schüler die Uhrzeit gemerkt, dann die Augen so lange geschlossen gehalten, bis sie meinten, dass zwei Minuten vergangen waren. Mit geschlossenen Augen im Klassensaal zu sitzen, machte eine Schülerin „traurig, weil es so dunkel war“. Bei einer anderen Station sollten die Kinder die markierte Wegstrecke mit geschlossenen Augen abgehen und wurden von ihrem Partner/ihrer Partnerin leicht geschubst. Hierbei erkannten die Kinder, dass sie hilflos sind, weil sie selbst nicht kontrollieren können, was ihr Körper macht.
Am Ende der Stunde fragte ein Schüler, ob die Klasse denn jetzt noch ein Bild für die Flüchtlingskinder malen dürfe, und alle stimmten sofort mit einem lautstarken „Ja!“ ein. Sie waren gepackt von dem Thema.
Wir hoffen sehr, dass die Musterstunde „Kinder auf der Flucht“ für die Grundschule auch online Anklang findet und andere Lehrer und Lehrerinnen mit ihren Lerngruppen ebenfalls gute Erfahrungen damit machen können.
Über die Autorin: Karin Baumann ist in der Abteilung „Bildung und Pastoralarbeit“ im Team Schule tätig.
Unterrichtsstunde mit Unterrichtsablauf…
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