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Nach vier Jahren am Ziel? Für Klimagerechtigkeit brauchen wir mehr!

13 Verhandlungstage und -nächte liegen hinter Delegationen und Beobachterinnen und Beobachtern aus der ganzen Welt. Mehr als 36.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben den Prozess um das neue Klimaabkommen bei der COP21 begleitet.  Anstrengende Tage liegen hinter uns allen.

Nach Paris ist vor Paris: Zum Schutz der Verletzlichsten braucht es nun eine ambitionierte Umsetzung des Klimaabkommens von Paris. Foto: MISEREOR

Nach Paris ist vor Paris: Zum Schutz der Verletzlichsten braucht es nun eine ambitionierte Umsetzung des Klimaabkommens von Paris. Foto: MISEREOR

Nach vier Jahren intensiver Diskussionen, Verhandlungen und Entwürfen war am Samstagabend die Stunde der Entscheidung gekommen: Um 19.24 Uhr besiegelte COP21-Präsident Laurent Fabius mit einem Hammerschlag die Annahme des Pariser Klimaabkommens, „it’s adopted!“. Bei den meisten Delegationen brach Jubel aus.  Es war großartig zu spüren, wie die Erkenntnis, dass das zwei Grad-Ziel der maximalen Erderwärmung nicht genug ist, auch unter den Entscheiderinnen und Entscheidern stetig wuchs. Zu diesem „Sinneswandel“ haben nicht zuletzt viele Organisationen und Aktionen seitens der Zivilgesellschaft einen entscheidenden Beitrag  geleistet. Angefangen bei den Klimapilgern aus der ganzen Welt, die rund 2 Millionen Unterschriften für ein ambitioniertes Klimaabkommen an das Sekretariat der UN-Klimarahmenkonvention und an Frankreichs Präsidenten Francois Hollande übergeben haben, über der gesamten Zeitraum der COP21, aber auch in vielen Jahren im Kampf für den Klimaschutz.

Was bremst die Treibhausgase wie?

Eine zentrale Forderung war die Anerkennung, dass die globaler Erwärmung gebremst und auf höchstens 1,5 Grad begrenzt werden muss. An diesem Ziel müssen sich in Zukunft alle Maßnahmen messen lassen. Die Vertragsstaaten haben beschlossen, die Treibhausgasemissionen auf der ganzen Welt „so schnell wie möglich“ zu senken und dass im Laufe der zweiten Jahrhunderthälfte die Balance zwischen Ausstoß und Aufnahmekapazität der Atmosphäre hergestellt werden soll. Wenn auch ambitioniert, ist dies zu vage: Gerade die Möglichkeiten, Treibhausgase „einzufangen“ werden in den Ländern unterschiedlich interpretiert. Geht es um Waldschutz oder die „Carbon Capture and Storage“,  also die Abscheidung von CO2 aus  der Atmosphäre und dessen unterirdische Einlagerung? Und wie können dabei Menschenrechte, zum Beispiel die von indigenen Völkern, die in und von den Wäldern leben, geschützt werden? Hier gilt es in den nächsten Jahren Klarheit zu schaffen und nachzubessern.  Zentrale Bausteine dafür sind die national verbindlichen Klimaschutzpläne, die jedes Land erstellen und kontinuierlich überprüfen sowie alle fünf Jahre nachbessern muss. Statt festgelegter Reduktionsziele für alle, können dadurch die unterschiedlichen  Voraussetzungen eines jeden Landes berücksichtigt werden. Sowohl zukünftige Klimakonferenzen als auch Wissenschaft und Zivilgesellschaften haben hier die Aufgabe, diese Fortschritte immer wieder zu hinterfragen und einzufordern. Die erste Überprüfung der nationalen Ziele wird 2018 stattfinden und damit noch bevor das neue Abkommen in Kraft tritt.

Gerechtigkeit kostet Geld

Für viele Entwicklungsländer ist Gerechtigkeit im Rahmen des Klimaabkommens eine Geldfrage. Ohne angemessene finanzielle Unterstützung sehen sich die Regierungen vieler Staaten in Ozeanien, Afrika, Asien und der Karibik nicht in der Lage, Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel und den Klimaschutz umzusetzen. Hinzu kommt, dass in vielen Ländern Expertise und Technologie fehlt, um diesen Herausforderungen angemessen zu begegnen. Als Erfolg kann gewertet werden, das bei der Überprüfung der Klimaschutzpläne zukünftig die bereit gestellte Finanzmenge eine Rolle spielen wird. Erstmals sind auch Schwellenländer aufgerufen, zur Klimafinanzierung in ärmeren Ländern beizutragen. Klar ist, dass die reichen Industrieländer, die den Klimawandel hauptsächlich verursacht haben, den Großteil beitragen müssen. Leider gab es aber keine Einigung darüber, wie die in den nächsten Jahren (bis 2020) dringend benötigte Summen vor allem für Anpassung an die Folgen des Klimawandels sowie die versprochene Menge von 100 Billionen US-Dollar nach 2020 jährlich zusammen kommen sollen.

Zerstörungen auf den Philippinen nach Taifun Yolanda.

Zerstörungen auf den Philippinen nach Taifun Yolanda.

Klimaschutz allein reicht nicht: Umgang mit Verlusten und Schäden

Eine große Baustelle der Zukunft wird auch weiterhin der Umgang mit klimawandelbedingten Verlusten und Schäden sein. Wir sind froh, dass im Pariser Abkommen ein eigener Artikel aufgenommen wurde, der anerkennt, dass Klimaschutz und Anpassung nicht ausreichen werden. Auch wenn wir die globale Erwärmung auf 1,5 Grad begrenzen können, werden einige Staaten ihr Territorium verlieren, Menschen zunehmend unter Wetterextremen leiden und einzigartige Landschaften wie die Permafrostregionen auf der Nordhalbkugel oder Gletscher im Himalaya verschwinden. Auch hier wird Geld nötig sein. Die Bundesregierung hat während des G7-Gipfels in Elmau eine Versicherung vorgeschlagen, die zukünftig Schäden ausgleichen soll. Für das neue Klimaabkommen wird nun versucht, ein solches System einzurichten.

Paris als bedeutender Meilenstein

Trotz der großen Erleichterung, dass das Pariser Abkommen unterzeichnet wurde, gilt es in den nächsten Monaten und Jahren dafür zu sorgen, dass die Konkretisierung im Sinne der besonders vom Klimawandel betroffenen Menschen weiter geht. Sicher ist in Paris kein perfektes Abkommen entstanden. Dennoch ist es ein entscheidender Erfolg auf dem Weg zum globalen Klimaschutz, weil auch Länder wie Russland, China, Australien und Saudi-Arabien erstmals ihre Unterschrift unter das Langfristziel setzen. MISEREOR fördert schon heute Projekte im globalen Süden, die Anpassung an den Klimawandel, aber auch die Beeinflussung der nationalen Klimapolitiken zum Ziel haben. Probleme wie eine ungerechte Ressourcenverteilung, schlechte Regierungsführung, Armut, Defizite in Bildungssystemen und viele mehr kommen zu den Auswirkungen des Klimawandels hinzu und sind nicht weniger relevant. Sie alle sollten in Zukunft noch stärker miteinander in Beziehung gesetzt und bekämpft werden. Kirchliche Akteurinnen und Akteure spielen  in den nächsten Jahren eine wichtige Rolle, wenn sie Entscheidungsträgerinnen und -träger darin bestärken, ihr Handeln an den Anforderungen der Klimagerechtigkeit auszurichten. Kirchliches Handeln muss zukünftig von dem Aufbruch in eine klimagerechte Zukunft geprägt sein – das betrifft politische Prozesse ebenso wie eine Verstetigung des Klimaschutz- und Energiemanagements, die Abschaffung CO2-intensiver Dienstwagen und die Förderung von Klimaschutz in Gemeinden. Die vielen internationalen Partnerschaften in Diözesen und Gemeinden können genutzt werden, all diese Aufgaben gemeinsam anzugehen.


Weitere Informationen:

MISEREOR-Dossier „Energie für ein gutes Leben“

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Kathrin Schroeder leitet die Abteilung Politik und Globale Zukunftsfragen bei Misereor.

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