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Krise in Venezuela: Es geht nur mit einer neuen Regierung

Sie sind in großer Sorge um ihr Heimatland: Juan de Dios Peña Rojas, Bischof von El Vigía-San Carlos del Zulia, und Carlos Alfredo Cabezas Mendoza, Bischof von Punto Fijo in Venezuela. Jüngst waren sie zu Gesprächen bei MISEREOR zu Besuch. Im Interview äußern sie sich zur aktuellen Situation.

Wie erleben Sie die Krise, und wie konnte es dazu kommen, dass ein Land mit vielen Ressourcen und Kapazitäten so in Bedrängnis geraten ist?

Juan de Dios Pena Rojas: Letztlich handelt es sich um die Verwirklichung eines Projekts, das die Regierung Venezuelas schon unter dem früheren Staatschef Hugo Chavez den „Sozialismus des 21. Jahrhunderts“ genannt hat. Verbunden damit ist, dass die Bevölkerung im Wesentlichen von der Regierung abhängt. Die Privatwirtschaft wurde praktisch abgeschafft. Das hat gravierende Folgen. Selbst die staatliche Erdölgesellschaft ist mittlerweile in Schwierigkeiten geraten. Produzierende Unternehmen wurden geschlossen, und nun gelangt auch kein Material-Nachschub mehr ins Land. Hinzu kommt, dass gut ausgebildete Bürgerinnen und Bürger, insbesondere junge Menschen, vielfach ins Ausland umgezogen sind, wenn sich ihnen dazu die Chance bot. Auch das hat mit dazu beigetragen, dass die Wirtschaftsleistung schwächer wurde. Im Moment befindet sich das Land in einer düsteren und undurchsichtigen Lage. Man kann nicht so recht erkennen, was die Zukunft bringt, und es gibt dazu auch keine aussagekräftigen Szenarien. Die katholische Kirche versucht dennoch, ihre Botschaften auf Hoffnung aufzubauen, weil sie weiß, dass Venezuela sehr viel Potenzial hat, sowohl was die Menschen als auch die Ressourcen betrifft. Und damit sind nicht nur Erdöl und weitere Bodenschätze gemeint. Es gilt auch für das vorhandene Land und die Möglichkeiten der bäuerlichen Produktion. Eigentlich sollte man immer auf den guten Willen einer Regierung hoffen. Aber mit der derzeitigen politischen Führung ist das nicht möglich.

Welche Rolle spielt die Kirche in diesen krisenhaften Zeiten? Welchen Einfluss hat sie auf die weitere Entwicklung?

Carlos Alfredo Cabezas Mendoza: Die Kirche sieht ihre Aufgabe darin, die herrschende Ideologie zu hinterfragen bzw. deren Schwächen zu benennen. Wir wollen Stimme derer sein, die keine Stimme haben. Und wir möchten das Volk ermutigen, die eigenen Rechte einzufordern und auch wahrzunehmen, vor allem das Recht auf friedlichen Protest. Das setzen wir mit Erklärungen der Bischofskonferenz ebenso um, wie dies an der Basis unsere Priester tun, die mit sehr vielen Leuten sprechen. Derzeit ist die Versorgung mit Nahrungsmitteln extrem gefährdet, ebenso sind die Gesundheitsdienste in einer prekären Lage. Die Kirche versucht dem Volk zu helfen, wo sie kann. Wir treten insbesondere für die Einhaltung alleMenschenrechte ein.

Was muss politisch passieren, damit die Proteste enden, aber auch die Krise sich ein wenig entspannt?

Juan de Dios Pena Rojas: Die Regierung müsste vor allem der Bevölkerung zuhören. Diese will in ihrer großen Mehrheit eine deutliche Veränderung der herrschenden Politik, aber auch eine  andere Ideologie. Sie will ein demokratisches Land. Das würde beinhalten, dass es einen politischen Wechsel im Land geben muss. Zunächst besteht aus meiner Sicht allerdings der wichtigste Schritt darin, dass die Regierung offiziell erklärt, dass Venezuela sich in einer humanitären Notlage befindet, damit wenigstens seitens der internationalen Gemeinschaft endlich genügend Lebensmittel und Medikamente ins Land gebracht werden können. Der nächste Schritt  wäre, das muss man ganz klar sagen, die Auswechslung der Regierung.


Weitere Informationen:
Pressemitteilung: Krise in Venezuela – Dringend humanitäre Hilfe ins Land lassen

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Ralph Allgaier arbeitet als Pressesprecher bei Misereor.

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