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Unser Saatgut: Über 90 Prozent aller Sorten sind in den letzten 100 Jahren verschwunden

Ein einzelnes Maiskorn in Nahaufnahme – saftig, prall und leuchtend gelb. Für Millionen Menschen ist dieses Körnchen Ursprung ihrer Ernährung. Wie Reis und Weizen gehört Mais zu den 30 Pflanzenarten, von denen sich die Weltbevölkerung heute hauptsächlich ernährt. Dabei gibt es mehr als 30.000 essbare Sorten. Doch unsere Saatgut-Vielfalt schrumpft unaufhaltsam: Allein in den letzten 100 Jahren sind fast 90 Prozent der Pflanzen von unseren Feldern und aus unseren Gärten verschwunden. Von Kohl über Rüben und Spargel bis hin zur Kartoffel.

Mehr als 30.000 Pflanzensorten auf der Welt sind essbar – von nur 30 ernähren wir uns. Fotos: W-film / Collective Eye Films

Die neue Dokumentation „Unser Saatgut – Wir ernten was wir säen“ (USA) zeigt mit eindrücklichen Bildern, wie anfällig unser Landwirtschafts-System aus Gen-Saatgut und Pflanzenpatenten in den Händen weniger Großkonzerne wie Monsanto ist. Heute kontrollieren Biotech-Unternehmen mit ihren genetisch veränderten Monokulturen, von denen die Risiken bis heute nur unzureichend erforscht sind, den globalen Saatgutmarkt. Nicht mehr die Landwirtinnen und Landwirte selbst.

In Indien haben Agrochemie-Riesen nach und nach Millionen Bauern von ihrem Saatgut, Dünger und Pestiziden abhängig gemacht – viele haben sich dadurch massiv verschuldet. © W-film / Collective Eye Films

„Das ist auch in den Philippinen so“, berichtet Rowena Buena vom philippinischen Saatgutnetzwerk MASIPAG nach der Film-Vorführung im Odeon in Köln. In dem Netzwerk sind etwa 30.000 Familien in 563 Bauerngruppen organisiert, um die Vielfalt klimaresistenter, traditioneller Reissorten zu schützen. „Heute reicht das Alphabet nicht mehr aus, um die vielen Taifune zu benennen, die jährlich auf die Philippinen treffen. Satt eine bessere, nachhaltige Landwirtschaft haben uns die Konzerne jedoch nur ihr patentiertes Saatgut gebracht, dass mit den Wassermassen immer wieder verloren ist. Das unsere Landwirte abhängig von ihren Produkten macht. Und das die Bauern mehr und mehr in Schulden treibt. Wir müssen Landwirten und der Öffentlichkeit zeigen, welch fatalen Folgen die Macht der Konzerne hat.“

Die Trägerin des alternativen Nobelpreises, Vandana Shiva, kämpft für alte, neue Wege in der Landwirtschaft: Das Bewahren traditioneller widerstandsfähiger Sorten in den Händen der Bauern. © W-film / Collective Eye Films

Weltweit kämpfen daher immer mehr passionierte Bauern, Wissenschaftler, Anwälte und indigene Saatgutbesitzer für die Zukunft der Samenvielfalt. In ihrem Film sind die Dokumentarfilmer Taggert Siegel und Jon Betz dafür nach Mexiko, in die USA, nach Peru und Indien gereist, um die modernen „Hüter unseres Saatgutes“ zu treffen: Darunter auch Aktivistinnen wie Vandana Shiva, die auf ihrer Versuchs-Farm „Navdanya’s“ tausende traditionelle Pflanzensorten kultiviert und sie in einer Saatgutbank lagert. Ihre Vision: Die Menschen in Indien sollen in Zukunft ihre Ernährung wieder eigenständig sichern können. Diese farbenprächtigen Momentaufnahmen werden abgelöst durch erschreckende Bilder von der hawaiianischen Insel Kauai, wo aus ehemals satten Zuckerrohrfeldern sandige Testfelder für Hybridsaatgut und Pestizide geworden sind und der Wind die Chemie auf  nahegelegene Schulgelände und in Nachbarschaften treibt.

Filmemacher Taggart Siegel, Rowena Buena und Sven Johanssen diskutierten mit dem Publikum in Köln über den Erhalt unserer Saatgutvielfalt. Fotos: W-film / Collective Eye Films

„Der Film zeigt: Wir alle können und müssen jetzt einen Beitrag leisten, um die Nahrungsmittelvielfalt zu erhalten, die uns noch bleibt. Unterstützen wir Bewegungen wie Saatgut-Tauschbörsen, lokale Netzwerke und Vereine zur Erhaltung unserer Planzenvielfalt. Säen wir feste Samensorten in unsere Gärten oder auf unserem Balkon. Es geht darum, wieder einen Bezug zu unserem Essen herzustellen und sich nicht mit der immer gleichen Supermarktware abspeisen zu lassen“, appeliert Sven Johanssen von Slow Food Köln nach der Vorführung.


Weitere Informationen

Blog: Erfolgsstory MASIPAG: Wie Kleinbauern auf den Philippinen die Kontrolle über ihr Saatgut zurückerlangen

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Rebecca Struck war die persönliche Referentin vom Hauptgeschäftsführer bei Misereor.

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