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„Wir konnten uns als Familie weiterentwickeln“

Doña Antonia Lurisi. Bolivien. Landwirtin und Produzentin. Setzt sich für eine nachhaltige Bewirtschaftung von Agroforstsystemen und den Erhalt Amazoniens ein.

© ich TV

Das sind meine Wurzeln

Ich bin Antonia Lurisi Dimalo und sehe mich selbst als indigene Frau, worauf ich stolz bin. Wir leben im Ort Guaguauno in der Gemeinde Reyes in der Provinz Ballivián. Mein Vater gehört zum indigenen Volk der Cavineño und kommt aus der Gemeinde Riberalta, meine Mutter ist eine Reyesana und kommt aus der Region um Reyes. Ich fühle mich als Indigene, denn so bin ich großgeworden und so werden auch meine Kinder groß.

Das verleiht mir Flügel

Meine Motivation ist es, mit unserer nachhaltigen Bewirtschaftung des Landes und der Produktion erfolgreich zu sein, so dass ich meinen Kindern ein gutes Leben ermöglichen kann. Familie ist mir sehr wichtig, ich habe mich immer ganz meinem Mann und meinen Kindern verschrieben. Es motiviert mich zudem, dass ich mit Caritas Reyes zusammenarbeiten und dank ihrer Workshops dazulernen und innovativer arbeiten kann. Zuvor war unser Landstück nicht ertragreich, aber nun lerne ich, die Felder mit einem neuen Anbausystem und neuen Techniken zu bewirtschaften. Wir bepflanzen sie auf gesunde und nachhaltige Weise mit einer Vielfalt von Arten und lernen auch, wie wir ökologische Landwirtschaft betreiben können. Dies bringt natürlich mehr Erträge, aber mich beflügelt auch die Möglichkeit, mehr zu lernen und weiter voranzukommen.

Dafür setze ich mich ein

Ich setze mich dafür ein, die Lebensform praktizieren und weitergeben zu können, die ich mit auf den Weg gegeben bekommen habe: Die Natur, die unser Lebensraum ist, gilt es zu schützen. Hier haben wir die Chance, uns weiterentwickeln und anbauen zu können und dieses Wissen nun unseren Kindern mitzugeben. Wir können uns weiterentwickeln. Es gibt durchaus andere Personen mit einer ähnlichen Agenda wie wir sie haben. Sie denken jedoch oftmals nicht gemeinschaftlich und sehen die größeren Zusammenhänge nicht so wie wir. Es fehlt das Wissen über die natürlichen Ressourcen. Wir sehen, wie alles miteinander verbunden ist. Ich setze mich deshalb dafür ein, unsere Ressourcen zu schützen.

Hier muss etwas passieren

Wir müssen Möglichkeiten finden, einen Systemwandel zu vollziehen. Der Wald muss wiederaufgeforstet, Lagunen und Flüsse sowie die Tiere im Wald müssen geschützt und der Lärm reduziert werden. Dies sind für uns wichtige Lebensbereiche, die es zu erhalten gilt.

Meine Arbeit ist beendet, wenn…

Meine Arbeit ist nie beendet, denn es gibt sowohl in der Familie als auch auf dem Feld immer etwas zu tun. Zuhause kümmere ich mich um meine Kinder, meinen Mann, die Tiere. Darüber hinaus fallen in der Bewirtschaftung unseres Landes immer Tätigkeiten an. Die Arbeit dort ist jedoch meine Leidenschaft und ich gehe ihr sehr gerne nach. Mittlerweile haben sich unsere Erträge so gesteigert, dass wir nicht mehr nur für den Eigenbedarf produzieren. Einen Teil der Produkte können wir sogar verkaufen. Das bedeutet natürlich, dass viel Arbeit ansteht, aber darüber bin ich sehr froh.

Frauen können…

Wir Frauen wissen, dass wir der Kluft zwischen den Geschlechtern mit unseren Erfahrungen und unserem Wissen entgegentreten müssen, um uns entfalten zu können. Für mich bedeutet dies, dass ich mich weiter stärken und dazulernen möchte. Gleichzeitig danke ich meinem Mann dafür, dass es möglich ist, dass ich mich in den Bereichen weiterbilden kann, die mir dazu helfen, mehr zu erreichen. Wir sind schon weit gekommen. Was noch fehlt ist, mehr Möglichkeiten zum Empowerment weiterer Frauen zu schaffen. In unseren Gemeinschaften gibt es immer noch Machismo. Einige Männer sagen ganz offen, dass sie ihre Frauen lediglich als Hausfrauen sehen und ermöglichen es nicht, dass sie sich weiterbilden und unabhängiger werden. In meiner Familie konnten wir uns von diesem Bild lösen und uns Stück für Stück weiterentwickeln. Mein Mann ist nun stolz auf das, was ich erreicht habe und fördert mich. Dafür bin ich sehr dankbar, denn so habe ich die Möglichkeit, meine Potenziale zu entfalten.


Hintergrund

“Früher haben wir einfach alles abgebrannt, um auf den freien Flächen Reis, Yucca und Bananen anzubauen”, erzählt Doña Antonia Lurisi. Heute ist dies für die indigene Frau undenkbar. Auf ihren Feldern wachsen neben Reis, Mais, Yucca und Bananen viele weitere Früchte und Gemüsesorten wie Bohnen und Kakao. Brandrodungen braucht sie nicht mehr – im Gegenteil: Einen Teil ihrer Erträge kann sie sogar verkaufen.

Hinter diesem Erfolg steckt unter anderem die Arbeit der Sozialpastoral Caritas Reyes – einem MISEREOR-Projektpartner, der auch im Fokus der Fastenaktion 2021 ist. Das Leitwort der diesjährigen Fastenaktion lautet „Es geht! Anders.“. Und genau dafür steht die Arbeit des Partners: In Workshops bringen Mitarbeitende Indigenen wie Doña Antonia Techniken bei, die sie brauchen, um in größerer Vielfalt zu produzieren und ihre Erträge zu verbessern. Gleichzeitig werden landwirtschaftliche Produktion und der Schutz des Waldes in Einklang gebracht.

Die Arbeit der Caritas Reyes zeigt jedoch, dass es auch in anderen Bereichen anders geht. Die Tatsache, dass Doña Antonia nun mit für das Familieneinkommen aufkommt und dies auch anerkannt wird, stärkt ihre Rolle in Familie und Gemeinschaft und trägt damit zu mehr Gleichberechtigung bei. Ein weiterer positiver Effekt: Das Jahreseinkommen der Familien ist durch die Vermarktung der Produkte zum Teil deutlich gestiegen, so dass beispielsweise auch die Bildungschancen der Kinder steigen. Das Projekt der Caritas Reyes macht deutlich: Es gibt andere Wege. Nutzen wir sie!


Sie sind Visionärinnen. Kämpferinnen. Trägerinnen von Entwicklung. Sie sind „Starke Frauen“. In unserer Reihe stellen wir sie und ihre Geschichten vor. ►Alle Interviews im Überblick

Sylvie Randrianarisoa aus Madagaskar


Geschrieben von:

Ansprechtpartnerin

Jana Echterhoff ist Länderreferentin für Lateinamerika bei Misereor.

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