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„Die Leute sollen sehen, wie ihre Felder gedeihen“

Veronique Faye. Bäuerin. Lehrerin. Seminar-Leiterin. Senegal. Setzt sich für die Dorfbewohner in ihrer Umgebung ein. Damit alle etwas ernten und beim Thema Landwirtschaft dazulernen können. Mit Erfolg: Trotz negativer Einflüsse durch den Klimawandel konnten die Erträge stabil gehalten oder sogar gesteigert werden.

© Mellenthin | Misereor

Das sind meine Wurzeln

Ich bin Serer, das ist die drittgrößte Volksgruppe in Senegal. Wir Serer sind die einzige Gruppe, die ein matrilineares Erbsystem hat, das heißt, wo der Besitz über die Frauen weitergegeben wird. Diese Stühle hier, auf denen wir sitzen, die habe ich gekauft und von meinem Geld bezahlt! Wenn man in den Dörfern von Diouroup nach mir fragt, werden die Leute überall sagen: Veronique ist eine starke Frau, die auf jeder Ebene aktiv ist und uns immer unterstützt. Zuhause teilen wir uns alles: Ich trage zum Haushaltseinkommen bei, sorge zusammen mit meinem Mann für die Familie, zahle Rechnungen und kaufe Lebensmittel – das ist nicht selbstverständlich für eine Frau in dieser Gegend. Auf dem Feld übernehme ich alle Arbeiten, von der Aussaat bis zu Ernte.

Das verleiht mir Flügel

Ich spiele hier eine Rolle in der Gesellschaft. Morgens unterrichte ich Kinder in der Schule mit meinem eigenen Programm und meinen eigenen Ideen, bevor ich aufs Feld fahre, um dort zu arbeiten oder Seminare zu geben. In der Kultur der Serer ist es heute immer noch verbreitet, dass Frauen zu Hause bleiben, sich um den Haushalt kümmern, Holz sammeln und das Essen kochen, während der Mann das Feld bearbeitet und die Ernte nach Hause bringt. Gerade als Frau habe ich also eine wichtige Rolle und Verantwortung. Das motiviert mich jeden Morgen.

Dafür setze ich mich ein

Für den gemeinsamen Erfolg, den Erfolg aller Dörfer, dass jede und jeder etwas erntet und etwas lernt. Die Leute hier sollen sehen, wie ihre Felder gedeihen und erblühen. Dafür kämpfe ich jeden Tag. Durch die Organisation ENDA PRONAT hat sich unser Leben sehr verändert, weil es endlich richtige Ausbildungsprogramme gibt und der Austausch zwischen den Gemeinschaften organisiert wird. Wir pflanzen sogar Bäume zusammen, in den Gärten und Straßen unserer Dörfer. Gerade auch für mich als Frau hat sich viel geändert: Früher musste ich meinen Mann um Erlaubnis bitten, wenn ich ein Seminar besuchen wollte. Heute versteht er, warum ich das tue. Ich bin unabhängig und treffe meine eigenen Entscheidungen. Mein Mann sieht mit eigenen Augen, was ich auf dem Feld bewirken kann.

Meine Arbeit ist getan, wenn…

Niemals, ich werde nie aufhören zu arbeiten und mich einzusetzen.

Frauen können…

… sehr viel leisten und damit zur Gesellschaft beitragen. Heute sind sie ganz selbstverständlich bei allen Aktivitäten dabei, ich würde sogar sagen, dass das allermeiste heute von Frauen gestemmt wird.

Das Interview führte Susanne Kaiser.


Hintergrund

Veronique Faye ist 46 Jahre alt und hat acht Kinder (sieben Töchter und einen Sohn), ihr Ehemann ist 66 Jahre alt. Neben dem gemeinsamen Acker betreibt sie einen kleinen Laden, damit es für den Lebensunterhalt reicht. Seit fünf Jahren besucht sie Landwirtschafts-Seminare von ENDA PRONAT in der Gemeinde Diouroup östlich der Hauptstadt Dakar im Senegal.

MISEREOR-Projektpartner ENDA PRONAT, die „Association pour l’Environnement et Développement Action pour une Protection Naturelle des Terroirs“, arbeitet mit kleinbäuerlichen Gemeinschaften zusammen. Die Menschen können sich aktiv einbringen und Lernende selbst auch lehren – das ist das Grundprinzip der Arbeit von ENDA PRONAT. Auch Veronique Faye arbeitet inzwischen mit: Sie fährt zu Bäuerinnen und Bauern, um mit ihnen Wissen und Techniken zu teilen und für Probleme zu sensibilisieren.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von ENDA PRONAT vermitteln Techniken, wie man zum Beispiel auf natürliche Weise Pflanzenschutzmittel oder Kompost zur Düngung herstellt. Außerdem unterstützen sie Dörfer juristisch, wenn Großkonzerne sich ihr Land aneignen wollen. Immer mehr Kleinbäuerinnen und Kleinbauern in Senegal sind davon betroffen. Weitere Herausforderungen sind die Degradation von Böden, die zunehmende Monopolbildung bei der Produktion von Saatgut und Vertreibungen, die durch den Schulterschluss zwischen Regierungen und finanzstarken Investoren verursacht oder verschärft werden.

Auch in Senegal sind die Auswirkungen der Klimakrise deutlich zu spüren: Die Bauern und Bäuerinnen machten in den vergangenen Jahren die Erfahrung, dass sie mit den erlernten Techniken den Klimaveränderungen entgegenwirken können. Die landwirtschaftlichen Erträge konnten stabil bzw. trotz der negativen Einflüsse zeitweilig auch gesteigert werden, so am Beispiel von Hirse. Neben der organischen Düngung war vor allem auch die Wiedereinführung von lokalem, traditionellem Saatgut ausschlaggebend für den Erfolg.


© Canva

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Sylvie Randrianarisoa aus Madagaskar

Geschrieben von:

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Gast-Autorinnen und -Autoren im Misereor-Blog.

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