41 Referent*innen aus über 10 Ländern und Teilnehmer*innen aus Afrika, Asien, Lateinamerika und Europa – alle in einem wunderbaren Schloss in Hohenlohe und zu Gast beim World Organic Forum 2023. Dort durften wir uns gemeinsam austauschen, analysieren und träumen von einer Welt, die 100 Prozent agrarökologisch wirtschaftet.
Das Oberthema des diesjährigen World Organic Forums sind die Sustainable Development Goals (SDG) – die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen – und wie diese lokal umgesetzt werden können. Schwerpunkte sollten die Themen Klimaresilienz und Ungleichheit sein.
Doch bei den ersten Gesprächen und Vorträgen wurde klar – es ging noch um viel mehr. Ein paar Höhepunkte stell ich hier vor.
Hunger und Micro Meals
Von dem SDG 2 – kein Hunger –sind wir momentan sehr, sehr weit entfernt. Aktuell hungern 345 Millionen Menschen auf der Welt. Doch was bedeutet das eigentlich? Wie viel Nahrung steht einem Kind, das hungert, überhaupt zur Verfügung? Die Währung von der wir hier sprechen, lautet Kilokalorien. Einem hungernden Kind stehen gerade mal ca. 380 Kalorien pro Tag zur Verfügung.
Deshalb haben wir unsere Misereor Micro Meal-Küche mitgebracht. Der Hotelkoch Ante zauberte für uns Pancakes mit Fruchtsoße und Mandeln –dieser süße Happs ist die äquivalente Kalorienmenge zu dem, was einem hungernden Kind überhaupt zur Verfügung steht. Diese Demonstration hat für viele spannende Diskussionen und Aha-Erlebnisse gesorgt.
Unser Gast aus Brasilien, Fran Paula, berichtet dazu aus Brasilien: „Über 33 Millionen Menschen in Brasilien hungern und zwar vor allem Frauen und Schwarze. Hunger ist kein Mengenproblem in Brasilien, es ist ein Problem der sozialen Ungleichheit.“ Und das in einem Land, was laut eigener Aussage die Welt ernähren möchte. Aber wenn große Mengen von Soja beispielsweise für den Export und die Tierfütterung in Übersee bestimmt sind und die Programme zur Ernährungssicherung heruntergefahren werden, dann entsteht Hunger. Fran Paula macht auch deutlich, dass Agrarökologie ohne soziale Gerechtigkeit und ohne Klimagerechtigkeit wie Gärtnern als Hobby sei – nett, aber ohne transformatorische Kraft.
Transformation des Ernährungssystems notwendig
Dazu passten die Ausführungen von Felicitas Röhrig vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). 3,6 Milliarden Menschen leben in klimavulnerablen Gebieten, sind also potenziell stark von der Klimakrise durch Dürren oder Starkregen betroffen. Wenn die Klimakrise weiter Fahrt aufnimmt, wird Landwirtschaft dort immer schwieriger. Und die Landwirtschaft, die stattfindet, befeuert den Klimawandel noch. Denn aktuell gehen 90 Prozent der weltweiten Landnutzungsänderungen – also die Umwandlung von Wald in Weide und vor allem Ackerland –auf das Konto der Landwirtschaft.
Dass eine Transformation des Ernährungssystems notwendig ist, sei Konsens. Und doch sprechen die Höhe der Subventionen und deren Verwendung eine andere Sprache. Denn 87 Prozent der weltweit gezahlten Subventionen für die Landwirtschaft sind ungesund für Mensch und Planet. Da gibt es politisch also noch viel zu tun.
Wahre Kosten
Auch das Thema Wahre Kosten zog sich als Lösungsidee durch die Konferenz. Menschen aus dem globalen Süden wie Helmy Abouleish der Misereor-Partnerorganisation Sekem oder Prof. von Weizsäcker forderten die „Internalisierung von Kosten – Preise müssen die Wahrheit sprechen“. Dazu gab es auch einen Workshop mit mir, der zu ähnlichen Ergebnissen kam. Die Bilanzierung der Wahren Kosten ist ein wichtiges Instrument, um unsere Landwirtschaft und Ernährung auf die Zukunft vorzubereiten und krisensicherer zu machen. Mehr Infos finden Sie dazu auf der Misereor-Website >
Erfahrung und Vision
Zum Abschluss waren wir gespannt auf den Impuls des Ehrenpräsidenten des Club of Rome. Prof. v. Weizsäcker. Er machte drei Haupttreiber für eine zukunftsfähige Welt aus:
- Die Bilanzierung der Wahre Kosten
- Bildung
- und Suffizienz – ein Lebensstil des Genugs.
Um das zu gewährleisten müssen wir raus aus der von ihm sogenannten „Jetzt-Besoffenheit“ – hin zu einem Denken in die Zukunft. Greta Thunberg nennt das „Kathedralen-denken“: Das Fundament müssen wir jetzt legen, auch wenn wir noch nicht wissen wie das Dach aussehen wird.
Auf der Konferenz haben wir viele spannende Impulse und Inspirationen bekommen – und konnten im Schloss nicht nur von Rittern und Prinzessinnen träumen, sondern auch von den Lösungen für eine bessere – ökologischere Welt mit mehr Gerechtigkeit und ohne Hunger. Auf dem politisch geprägten Abschlusspodium wurde deutlich: Es geht nur zusammen. Politische Entscheider*innen, Zivilgesellschaft und jede*r einzelne von uns können und müssen zum Wandel beitragen.
Mehr zum Programm und Ort:
World Organic Forum – Willkommen (schloss-kirchberg-jagst.de)