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JA, zum Schutz des Chocó Andino in Ecuador

Volksabstimmung zum Erhalt einer der artenreichsten Regionen unserer Erde

In der Metropolregion Quito (DMQ) entscheiden die Bewohner*innen am 20. August über die Zukunft des metallischen Bergbaus. Mehr als 26 Bergbauvorhaben bedrohen die 286.805 Hektar große Region des Chocó Andino im Nordwesten der Metropolregion, in der einige der letzten andinen Nebelwälder Quitos, saubere Flüsse und zahlreiche gefährdete Arten wie der Puma und der Brillenbär zu finden sind.

Artenvielfalt im Chocó Andino (Ecuador)
Der Chocó Andino ist eine der artenreichsten Regionen unserer Erde. © Kevin Rueda

20.000 Einwohner*innen leben in den sechs ländlichen Gemeinden der Mancomunidad Chocó Andino im Nordosten der ecuadorianischen Hauptstadt. Sie leben hauptsächlich als Landwirte und Viehzüchter oder stellen biologisch produzierte Produkte wie Kaffee, Kakao oder Panela (eingekochtes Zuckerrohr) her. Bergbautätigkeiten und ihre massiven Auswirkungen belasten die lokalen Ökosysteme, Wasserkreisläufe und Böden und zerstören dadurch die Lebensgrundlagen der Bevölkerung.

Der Chocó Andino liegt nur etwa 90 Minuten entfernt vom Zentrum Quitos. Aufgrund des biologischen Reichtums wurde er 2018 von der Unesco als Biosphärenreservat ausgewiesen, eine Einstufung, die er bspw. mit dem Galapagos-Archipel in Ecuador teilt. Ein Biosphärenreservat ist ein Ort, an dem die Erhaltung der biologischen Vielfalt und menschliche Aktivitäten durch die nachhaltige Nutzung der natürlichen Ressourcen in Einklang gebracht werden sollen. Auch die Stadtverwaltung in Quito erkannte ihn als Naturschutzgebiet mit 60.000 Hektar an, um die 640 Vogel-, 150 Säugetier-, 120 Amphibien- und über 3000 Pflanzenarten zu schützen. Vor Bergbauaktivitäten schützt diese Einordnung jedoch nicht, da die ecuadorianische Gesetzgebung die Ausbeutung von Ressourcen nur in nationalen Schutzgebieten verbietet. Deshalb überreichte das Kollektiv „Quito Sin Minería“ (Quito ohne Bergbau) im letzten Jahr 450.000 Stimmen, um über die Zukunft des Chocó Andino in einem Referendum abzustimmen.

Karte von Ecuador
Der Chocó Andino befindet sich im Nordwesten Ecuadors. © Roy Andersen/ Amazonia Photo

Streit um Bergbauverbot in Ecuador

Das Anliegen Bergbau zu untersagen, spaltet die Bevölkerung. Oftmals, weil Bergbaukonzerne und ihre Befürworter*innen Konzepte eines umweltfreundlichen und nachhaltigen Bergbaus vorstellen, deren Prophezeiungen jedoch keine Realität werden. Schon in der Explorationsphase kommt es regelmäßig zu illegaler Abholzung, Wasserverschmutzung mit Schwermetallen und schwerwiegenden Eingriffen in die Ökosysteme. Kommt es zu einem Abbau, verursachen die großflächige Abholzung von Primärwald, das Anlegen von Tagebauen, das Umleiten von Flüssen sowie die Nutzung von Sprengungen und Chemikalien irreversible Schäden. Häufig werden die Bewohner*innen vertrieben, im besten Fall verlieren sie ihre Heimat durch Umsiedelung.

Bergbaukonzerne und ihre Befürworter*innen werben mit entstehenden Arbeitsplätzen und Wohlstand für die Gemeinden. Wohlstand der ausschließlich ökonomisch bewertet wird. Arbeitsplätze entstehen jedoch meist nur in geringen Zahlen und häufig nur temporär oder für dafür ausgebildetes Personal. Nicht dargestellt werden die Auswirkungen des Bergbaus.  Wasser-, Boden- und Luftverschmutzung führen häufig zum Verlust von Lebensgrundlagen in Regionen, in denen die meisten Menschen von der Landwirtschaft leben.

Trügerischer Reichtum

Die ecuadorianische Regierung erhofft sich Staatseinnahmen in Millionenhöhe. Über einen Zeitraum von 30 Jahren sollen Milliardensummen durch Exporte und Steuern eingenommen sowie ausländische Investitionen angelockt werden. Chancen, die man nicht verpassen möchte. Tatsache ist, dass diese Gelder kaum bei der lokalen Bevölkerung ankommen. In ganz Lateinamerika zählen Bergbauregionen zu den ärmsten Regionen ihrer Länder, trotz des Rohstoffreichtums. Es sind vielmehr Regionen mit großer Naturzerstörung und einer sehr hohen Zahl an Menschenrechtsverletzungen.

Regenwald Chocó Andino
Der Chocó Andino: 2018 von der Unesco als Biosphärenreservat ausgewiesen bietet die Region die Heimat für eine große Artenvielfalt. © Kevin Rueda

Produktion für den Export

Durch Bergbau geförderte Rohstoffe werden in der Regel unverarbeitet exportiert. Eine Weiterverarbeitung vor Ort wurde in den letzten Jahrzehnten nicht aufgebaut und wird auch weiterhin durch wirtschaftliche Interessen und Handelsabkommen stark eingeschränkt. Dadurch profitieren maßgeblich Industrienationen wie Deutschland vom Reichtum der Rohstoff exportierenden Länder, kaufen Rohstoffe zu günstigen Preisen und exportieren selbst höherwertige weiterverarbeitete Produkte. Rohstoffreiche Länder werden auf diese Weise in die Rolle von Lieferanten unverarbeiteter Rohstoffe gedrängt.

Volksabstimmung für Bergbaustopp in Quito

Die Initiatoren des Referendums „Quito Sin Minería“ erhoffen sich eine Zukunft ohne Bergbau für ihre Region. Dies wäre nicht nur für die Bewohner*innen der Mancomunidad Chocó Andino sondern auch für die Bevölkerung der Hauptstadt Quito und weiterer Städte in der Pazifikregion Ecuadors wichtig. Denn die Region ist ein wichtiger Wasserreiniger und ein riesiges Reservoir, dass die Menschen in der Region mit sauberem Trinkwasser versorgt. Die Wälder gelten als wichtige Kohlenstoffspeicher, die der Atmosphäre jährlich über 250 Millionen Tonnen CO2 entziehen und die Luft reinigen. Die biologisch produzierten Lebensmittel versorgen die umliegenden Städte und finden sich auch auf den Märkten Quitos wieder, wodurch die gesunde Ernährung der Bevölkerung unterstützt werden kann. Der Chocó Andino ist eine wichtige Ausflugs- und Erholungsregion für Städter*innen, die nur gelegentlich mit der Vielfalt der Natur in Kontakt kommen.

Aus diesen Gründen unterstützt Misereor Partnerorganisationen in Ecuador und das am 20. August stattfindende Referendum von „Quito Sin Minería“. Am Tag der Abstimmung findet außerdem ein Referendum des Kollektivs „YASunidos“ statt, dass die Erdölförderung innerhalb des Amazonas-Nationalparks Yasuní betrifft. Das Kollektiv setzt sich für den Stopp der Erdölförderung ein, die schon zu zahlreichen Verschmutzungen der Flüsse und Natur im Amazonasgebiet geführt hat. Auch das Kollektiv „YASunidos“ wird von Misereor unterstützt.

Der 20. August 2023 ist ein vierfacher Wahltag in Ecuador. Es finden die Präsidentschafts- und Abgeordnetenwahlen sowie die beiden Referenden für Quito Sin Minería und Yasuní statt.


Update nach den Wahlen (Stand 22.08.2023)

In der Volksbefragung am 20. August stimmten 68 Prozent der Bevölkerung mit „Ja“ zum Schutz des Chocó Andino. Millionenfach stimmte sie damit in vier Fragen für ein Verbot jeglicher neuer Ausbeutung metallischer Rohstoffe. Die Abstimmung verbietet somit nun alle Bergbauprojekte, die noch keine Lizenz zum Abbau erhalten haben. Das „Ja“ zum Schutz des Chocó Andino ist ein „Ja“ für eine andere Lebensweise, eine nachhaltige und soziale Wirtschaft im Einklang mit der Natur.

„Heute feiern wir einen wichtigen Sieg für das Leben! Heute haben wir ein entscheidendes Referendum für alle Menschen auf diesem Planeten gewonnen. Heute hat der Chocó Andino millionenfach ein klares ‚Ja‘ für das Leben erhalten“, freut sich Inty Arcos, Koordinator der Mancomunidad Chocó Andino.

Für Länder wie Deutschland ist die Abstimmung in Quito eine wichtige Botschaft. Denn unser Rohstoffbedarf führt zur Zerstörung von Ökosystemen und Menschenrechtsverletzungen. Wie, wie viele und für welchen Zweck wir Rohstoffe beziehen, muss Grundlage unserer Importentscheidungen darstellen, um unseren Primärrohstoffverbrauch zu reduzieren und Rohstoffe nachhaltig zu nutzen. Deshalb brauchen wir eine Rohstoffwende.


Weitere Informationen

Zum Kollektiv „Quito Sin Minería“ https://www.quitosinmineria.com/en/ .

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Constantin Bittner ist Misereor-Berater für Bergbau, Ökologie und Menschenrechte.

1 Kommentar Schreibe einen Kommentar

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    Unglaublich viele Amphibien wie seltene Pfeilgiftfrösche und andere Froscharten leben im Choco gebiet. Dies ist der wahre Reichtum Ecuadors und nicht irgendwelche Plantagen.

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