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Pestizide: Fünf Probleme – fünf Empfehlungen

Studie belegt konkrete Gefahren für Menschen in Burkina Faso

Deutsche Firmen wie BAYER und BASF liefern Agrargifte ins Ausland, die in der EU nicht zugelassen sind. Einige der Stoffe landen auch in Burkina Faso. Das westafrikanische Land ist einer der größten Baumwollproduzenten des Kontinents. Die Wahrscheinlichkeit von den Pestiziden krank zu werden, ist enorm hoch. Doch leider ist es wissenschaftlich aufwändig, die Verbindung zwischen Pestiziden und Krankheiten eindeutig nachzuweisen. Grund dafür sind die unterschiedlichen Krankheitsbilder und nur wenige Untersuchungen dazu. Unter anderem deshalb ist es so schwierig, gegen den unkontrollierten Pestizideinsatz vorzugehen. Eine gemeinsame Studie von Misereor und seinen Partnerorganisationen Inades, Broederlijk Delen und CNABio macht nun den Anfang und möchte für die schädlichen Folgen der Pestizide in Burkina Faso sensibilisieren. 4000 bis 7000 Tonnen Pestizide werden hier jedes Jahr importiert und richten enormen Schaden an.

Gemüsebäuerinnen in Burkina Faso
Zwei Gemüsebäuerinnen arbeiten auf einem Kohlfeld in Burkina Faso. Im Gemüseanbau werden oft viel zu viele Pestizide verwendet und verursachen bereits während des Sprühens Husten, brennende Augen und Kopfschmerzen. © Eva Wagner / Misereor

Die Studie benennt fünf gravierende Probleme:

1. Nicht zugelassene Pestizide

Der in den Großbetrieben organisierte Baumwollanbau versorgt sich mit bis zu 93% von den importierten Pestiziden. Die restlichen Prozente werden auf dem lokalen Markt gekauft. Dieser Markt besteht jedoch aus einem Großteil von Stoffen, die nicht einmal von Burkina Faso selbst zugelassen sind. Das wird vor allem im Gemüseanbau problematisch, wo sich die Bäuerinnen und Bauern mit mindestens der Hälfte ihrer Pestizide lokal versorgen.

2. Gebrauch falscher Pestizide

Nicht selten werden Pestizide auf Obst und Gemüse gesprüht, die nur für die Baumwollfelder zugelassen und somit nicht für Lebensmittel geeignet sind. Oft landet auch viel zu viel Chemie auf den Feldern. Im Gemüseanbau wurde eine 30-fache Überschreitung zum Grenzwert festgestellt. Die Farmarbeiter*innen arbeiten oft ohne jeglichen Schutz. Dabei sind die Stoffe schon ohne Überdosierung so giftig, dass die Arbeiter*innen bereits während des Versprühens husten, unter brennende Augen leiden oder über Kopfschmerzen berichten. Auch Menschen, die in der Nähe der Farmen leben, können sich kaum vor solchen Folgen schützen. Das Gift ist einfach überall.

3. Verseuchtes Trinkwasser

Obst und Gemüse wird in der Regenzeit angebaut. Das bedeutet, der Regen spült die Chemikalien auf den Feldern auch ins Grundwasser. Daher haben die Forscher*innen auch Brunnen und Gewässer unter die Lupe genommen: Keiner der untersuchten Brunnen ist noch für Trinkwasser geeignet. Wenn man die Werte mit EU Vorschriften vergleicht, dann ist die Gift-Konzentration im Trinkwasser 16-mal bis 60-mal stärker, als der EU-Grenzwert. Flüsse und Talsperren traf es nicht besser, aus diesen Gewässern trinken auch Tiere.

4. Verpackungsmüll

Da es keine Sondermüll-Entsorgung gibt, müssen Menschen die Verpackungen verbrennen, vergraben oder in alte Brunnen werfen. Manchmal bleiben sie auch auf den Feldern liegen. Reste in den Verpackungen bergen besonders große Gefahren für Kinder und Tiere. Stoffe wie Mevinphos und Terbuphos, welche in Burkina Faso oft zum Einsatz kommen, können bereits bei bloßem Kontakt zur Haut Schäden hinterlassen. Andere Chemikalien wie Diuron und Glyphosat, welche die Forscher im Trinkwasser und auch in Lebensmitteln gefunden haben, sind stark Krebs erregend.

5. Kontaminierte Lebensmittel

Nicht nur die Farmarbeiter*innen leiden unter den Folgen der giftigen Chemikalien, auch nach der Ernte sind die Lebensmittel noch mit viel zu hohen Mengen an Pestiziden besetzt. So beschreibt die Studie den besonders tragischen Vergiftungsfall einer Familie in Gourcy. Fünf Menschen starben, weil sie kontaminierte Lebensmittel gegessen haben. Nach Untersuchungen fand man das Mittel Fipronil, was für ihren Tod verantwortlich gemacht wurde.

Und obwohl den meisten Menschen das Risiko der Pestizide bewusst ist, passieren solche Fälle immer wieder. Einige Bäuerinnen und Bauern essen deshalb nicht mehr ihr eigenes Gemüse, sondern versuchen unbelastete Ware einzukaufen. Oder Menschen versuchen Vergiftungen entgegenzuwirken, indem sie ihre Lebensmittel mit Seife Waschen. Doch die Pestizide dringen natürlich auch in die Lebensmittel ein.

Die Studie legt aber nicht nur den Finger in die Wunde. Sie formuliert auch fünf Empfehlungen, an:

  • die EU, den Export von hier nicht-zugelassenen Pestiziden in Drittländer zu verbieten;
  • Burkina Faso, die Einfuhr der Pestizide besser zu kontrollieren und diese Aufgabe nicht den Unternehmen zu überlassen;
  • das burkinische Gesundheitsministerium, mehr Verantwortung für die Vergiftungsfälle zu übernehmen und Maßnahmen zu ergreifen;
  • eine Möglichkeit für die Entsorgung der Pestizidverpackungen zu erarbeiten;
  • in die Forschung von naturnaher Landwirtschaft zu investieren.

Pestizide – gleicher Schutz für alle Menschen

Hochgefährliche Pestizide, die in der EU verboten sind, kommen weiterhin in anderen Ländern unserer Welt zum Einsatz. Als Teil einer weltweiten Bewegung setzten wir uns für eine Ende des doppelten Pestizid-Standards ein. Weitere Informationen unter misereor.de/pestizide >

Reisfeld auf den Philippinen

2 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Avatar-Foto

    Lieber Herr Schubert,
    vielen Dank für Ihr Interesse am Thema und Ihre Fragen!
    Zu Frage 1: Bei den 93 Prozent importierten Pestiziden ist davon auszugehen, dass einige dieser Pestizide Wirkstoffe enthalten, die in der EU verboten sind. Der Export von in der EU verbotenen Wirkstoffen (bzw. von Pestiziden, die diese Wirkstoffe enthalten) in Drittländer, wird bislang nicht reguliert. Auf EU-Ebene gibt es bereits eine Initiative, den Export verbotener Wirkstoffe einzugrenzen, ein entsprechendes Gesetz wurde aber bislang nicht verabschiedet. Auch das angekündigte deutsche Exportverbot für verbotene Pestizide wurde bislang nicht durchgesetzt. Dem Schutz der Menschenrechte weltweit stehen wirtschaftliche Interessen entgegen.

    Zu Frage 2: es ist ein weit verbreitetes Problem, dass Gesundheitsministerien den gesundheitlichen Gefahren durch Pestizide zu wenig Beachtung schenken. Das nationale Labor, welches die in der Studie erwähnten Todesfälle untersucht hat, fordert die staatlichen Einrichtungen auf, der Problematik die nötige Aufmerksamkeit zu widmen und u.a. toxikologische Expertise aufzubauen.

    Zu Frage 3: in der Tat sollte die sichere Entsorgung sowohl durch die Regierung als auch durch die Unternehmen gewährleistet werden. Wie in anderen westafrikanischen Staaten fehlt auch in Burkina Faso an vielen Orten die Infrastruktur für die Abfallentsorgung, und das Gefahrenpotential der alten Pestizidbehälter ist häufig nicht bekannt.

    Freundliche Grüße,
    Sarah Schneider

  2. Avatar-Foto

    Guten Tag Frau Carl,
    vielen Dank für die Information zu „Pestizide:
    „Fünf Probleme – fünf Empfehlungen“ gestatten Sie mir dazu 3 Anmerkungen:

    1. Sie schreiben, dass sich die Großbetriebe zu 93% mit Import- Pestizide versorgen und den Rest über den lokalen Markt kaufen. Kann man davon ausgehen, dass diese 93% Import- Pestizide aus zugelassener Produktion stammen, soweit sie aus der EU kommen? Wenn Nein – warum lässt die EU den Export von schädlichen und nicht zugelassenen Stoffen zu? Was steckt dahinter?
    Wie passt das zu den vielgepriesenen „Europäischen Werten“

    2. Warum sieht das Gesundheitsministerium in Burkina Faso keine Veranlassung Maßnahmen gegen die Vergiftung von Bauern und Bäuerinnen zu ergreifen – steckt da nicht ein gewisses Maß an Korruption dahinter?

    3. Die Entsorgung der Rückstände müsste doch im Interesse der Regierung sein – sie müsste doch die Importierenden Firmen dazu verpflichten eine geordnete Entsorgung zu gewährleisten? Oder gilt hier auch der Profit hat Vorrang?

    Mit freundlichen Grüßen
    Werner Schubert
    73650 Winterbach

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