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Ein Pionier der leisen Tönen

Ich sitze am Abend noch lange mit Ashok Kumur Hajong und seiner Familie im Schein meiner kleinen Solarlampe zusammen. Und lasse mir erklären, wie das war, als er 2005 zusammen mit nur einem weiteren Mitstreiter beschloss, der „Grünen Revolution“ etwas entgegenzusetzen. Revolution? Gegenbewegung?

Im Gespräch mit Ashok Kumur Hajong und seiner Familie © MISEREOR

Im Gespräch mit Ashok Kumur Hajong und seiner Familie © MISEREOR

In Daudara, einem kleinen Dorf im Grenzgebiet zu Indien, sitzt ein ganz besonderer Mann vor mir. Das habe ich schon bei unserem ersten Treffen gegen Mittag gemerkt, als er zwischen all den Männern saß, die uns in der Versammlungshütte des Dorfes empfangen haben.  Er fällt auf. Ich halte ihn lange für den Dorfvorsteher, doch dafür ist er eigentlich zu jung.  Egal welche Frage wir stellen: Wenn die anderen Männern sich unschlüssig sind, wie viele Familien nur wirklich im Dorf leben: Er weiß es. Wie viele haben eigenes Land? Wie viele sind Tagelöhner? Und wieder drehen sich alle Köpfe zu ihm.

Ashok Kumur Hajong unterwegs im Reisfeld © MISEREOR

Ashok Kumur Hajong unterwegs im Reisfeld © MISEREOR

Was zeichnet diesen Mann aus, der, so erfahre ich am Abend, einer der Bauern ist, die nur wenig Land haben und auch nur eine Ernte einfahren?  Warum genießt er ein solches Ansehen bei den anderen?

Weil er unglaublich viel über Reis weiß, weil er es gemeinsam mit nur einem anderen Pionier war, der in diesem Dorf die Artenvielfalt der lokalen Reissorten wiederbelebt hat. Vor mir sitzt ein echter Reisexperte und zieht mich in seinen Bann. Ich hänge an seinen Lippen und begreife: Hier geht es um viel mehr als Reisanbau. Hier geht es um eine Veränderung in den Köpfen, um Würde, um

Reisbauern auf einer lokalen Reismesse ©MISEREOR/Marianne Pötter-Jantzen

Reisbauern auf einer lokalen Reismesse ©MISEREOR/Marianne Pötter-Jantzen

wirtschaftliche Unabhängigkeit der Bauern. 2005 waren sie zu zweit – heute sind es 50 Bauern in seinem Dorf, die seinem Beispiel gefolgt sind. Und dass das so ist, daran ist Ashok Kurum Hajong maßgeblich beteiligt. Ohne Pioniere wie ihn gäbe es das MISEREOR-Projektzur Weiterentwicklung der lokalen Landwirtschaft nicht. Ich könnte mich stundenlang mit ihm unterhalten. Über Amon, Bouru und Ausch, die drei Zeiten des Reisanbaus. Wie man Sorten kreuzt, testet und warum er und seine Mitstreiter so überzeugt sind, vom Konzept der Biodiversivität.

Einige der 150 lokalen Reissorten ©MISEREOR/Marianne Pötter-Jantzen

Einige der 150 lokalen Reissorten ©MISEREOR/Marianne Pötter-Jantzen

„Solange wir Reis haben, haben wir keinen Hunger“ gibt er mir mit auf den Weg. Sirajul Hague, der Agrarberater unserer Partnerorganisation verspricht mir, dass ich morgen in einem anderen Dorf  noch einen solchen Pionier treffen werde. Der habe 150 lokale Reissorten in den letzen Jahren getestet.  150 Sorten – statt zwei Hochertragssorten, die ihn fast in den Ruin getrieben haben. Ich bin total gespannt und esse den Reis, der uns zum Abschied serviert wird, mit besonderer Ehrfurcht.

Lesen Sie in dieser Serie auch:

Teil1: „lslamisch korrektes Kofferpacken“

Teil 2: „Enjoy your flight with Emirates – Klassenunterschiede“

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Gast-Autorinnen und -Autoren im Misereor-Blog.

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