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Beobachtungen auf der COP26 – Zwiespältige Erfahrungen in Glasgow

Der Klimagipfel in Glasgow ist Geschichte. Viele Erwartungen wurden enttäuscht, wichtige Stimmen fehlten bei der COP26. Soziale Bewegungen und Basisgruppen waren so gut wie gar nicht Teil des Gipfels. Insbesondere die Region Süd- und Südostasien schien nur schwach vertreten. Die MISEREOR-Partnerorganisation Indo-Global Social Service Society, IGSSS, nahm als offizielle Beobachterorganisation an der Klimakonferenz teil. Ihre Vertreter Aravind Unni und K. C. Sahu schildern hier ihre Eindrücke. Ihr Fazit: COP26 hat in vielen Punkten versagt.

„Diese COP war besonders ausgrenzend gestaltet; viele Menschen und Organisationen, insbesondere aus dem globalen Süden, konnten nicht teilnehmen.“ © Dean Calma / IAEA (CC BY 2.0)

COP26 war für uns eine großartige Möglichkeit fürs Netzwerken und Lernen: der Austausch von Ideen, Konzepten und Standpunkten und mit Vertreter*innen von Organisationen, Kampagnen und staatlichen Delegationen. Das wird die Arbeit von IGSSS zur Frage voranbringen, inwiefern Städte zu Klimaschutz und Anpassung beitragen können.

Mit unserer Teilnahme an der COP26 wollten wir vor allem unser Verständnis aktueller Ansätze und innovativer Praktiken im globalen Süden stärken. Zweitens wollten wir uns mit gleichgesinnten Organisationen vernetzen. Drittens ging es um die weitere Vermittlung der wichtigsten Sitzungen und Diskussionen an unsere Netzwerke in Indien, um sie über die aktuellen Entwicklungen auf der COP26 zu informieren.

Ausgrenzender Klimagipfel

Es war und ist sehr mühsam, den offiziellen Verhandlungsprozess zu beobachten und zu beeinflussen. Diese COP war besonders ausgrenzend gestaltet. Viele Menschen und Organisationen, insbesondere aus dem globalen Süden, konnten nicht teilnehmen. Aufgrund der Pandemie konnten sich viele wichtige Stimmen nicht einbringen. Auch bei den hybriden Veranstaltungen war eine ernsthafte Diskussion der wesentlichen Punkte nicht möglich.

Wichtige Stimmen fehlten

Wir hatten den Eindruck, dass Vertreter*innen aus Süd- und Südostasien nur sehr schwach vertreten waren. Akteur*innen aus Afrika hingegen schien es sehr gut gelungen, ihre Erfahrungen und Interessen deutlich zu machen. Außerdem fehlten die sozialen Bewegungen und Basisgruppen bei den offiziellen Veranstaltungen der COP26 völlig. Über 30.000 Delegierte nahmen an dem Gipfel teil, doch die am stärksten betroffenen Menschen und Gebiete, die sogenannten Most Affected People and Areas (MAPA) sowie die kleinen Inselentwicklungsstaaten, Small Island Developing States (SIDS) waren nicht angemessen vertreten.

Wir brauchen mehr Einfluss der stark betroffenen Regionen

Gerade die genannten Regionen sind es aber, die kaum für die Klimakrise verantwortlich und zugleich am meisten gefährdet sind. Zwar gab es zahlreiche Demonstrationen und viele Veranstaltungen außerhalb des Konferenzzentrums. Aber es wäre sinnvoll gewesen, wenn diese stärker in die offiziellen Veranstaltungen hätten einfließen können. Auch der Mangel an Klarheit und Offenheit bei den Verhandlungen, die hinter verschlossenen Türen geführt wurden, gibt weiter Anlass zur Sorge. Es muss vor und zwischen den folgenden COPs viel getan werden, um sicherzustellen, dass die zivilgesellschaftlichen Organisationen ihren Beitrag leisten und auf die Verhandlungen Einfluss nehmen können.

„Wir brauchen mehr Zusammenarbeit zwischen Ländern und Regionen; es sollten aber auch mehr Brücken zwischen dem wissenschaftlichen und dem zivilgesellschaftlichen Diskurs geschlagen werden.“ © Dean Calma / IAEA

COP26 hat in vielen Punkten versagt

Es gab mehr Diskussionen über finanzielle Mittel für den Ausgleich von Schäden und Verlusten im Zuge der Klimakrise. Aber die Industrienationen haben sich zu nichts verpflichtet. Und dann wurde noch die Zielvorgabe Coal Out („Weg mit der Kohle“) nach der eintägigen Verlängerung des Gipfels zu Coal Down („Runter mit der Kohle“) abgeschwächt. Uns wurde auf dieser COP deutlich, dass es bei den Diskussionen um die Begrenzung des globalen Temperaturanstiegs jetzt um die 2-Grad-Grenze geht, weil es für 1,5-Grad-Grenze längst zu spät ist.  Das Erreichen der „Kohlenstoff-Null“ (eine echte Null), also die Reduzierung schädlicher Emissionen an der Quelle, stand nicht im Fokus. Stattdessen ist das Setzen von „Netto-Null-Zielen“ für die Jahre 2050, 2060 und 2070 zur neuen Norm geworden. „Netto-Null“ ist zu einem neuen Begriff geworden, der die Menschen im Allgemeinen verwirrt und verunsichert.

Brücken bauen zwischen Wissenschaft und Zivilgesellschaft

Uns ist klar geworden, dass wir nicht nur mehr Zusammenarbeit zwischen Ländern und Regionen brauchen. Es sollten auch mehr Brücken zwischen dem wissenschaftlichen Diskurs über den Klimawandel und dem Diskurs der zivilgesellschaftlichen Organisationen über Maßnahmen zur Eindämmung und Anpassung geschlagen werden.

Über die Autoren:

Aravind Unni und K. C. Sahu arbeiten bei der Indo-Global Social Service Society (IGSSS). Die indische MISEREOR-Partnerorganisation nahm das erste Mal als offizielle Beobachterorganisation an einer Klimakonferenz teil. Sie war damit eine der über 200 zivilgesellschaftlichen Organisationen mit offiziellem Beobachterstatus. IGSSS aus der indischen Hauptstadt Delhi hatte sich um die Teilnahme beworben, weil die Klimaerhitzung gerade in den Städten die Armutsbekämpfung vor große Herausforderungen stellt.


Weitere Informationen

Helfen Sie, den Klimawandel zu begrenzen | MISEREOR

Acht Jahre nach Taifun Haiyan – COP26 als Wendepunkt bei der Schadensfinanzierung? – MISEREOR-BLOG

Klimagipfel COP26 – eine Zwischenbilanz – MISEREOR-BLOG

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Gast-Autorinnen und -Autoren im Misereor-Blog.

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