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Tränen lügen nicht!

Acht Tage unterwegs in den Armenvierteln Kolkatas – acht Tage voller Leid und Hoffnung, acht Tage voller Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft:

 

In der Vorbereitung auf diese Reise habe ich über diese Metropole Indiens viele Fotos gesehen, informative Projektberichte über die erfolgreiche Arbeit der MISEREOR-Partnerorganisation „Tiljala Shed“ studiert, in dem gerade erst erschienenen Buch „people without history – india’s muslim ghettos“ gelesen (sehr empfehlenswert!!!) und dachte, ich hätte mir hieraus ein annähernd realistisches Bild machen können. Weit gefehlt.

Mädchen in den Slums von Topsia“, © Nottebaum/MISEREOR

Mädchen in den Slums von Topsia“, © Nottebaum/MISEREOR

Niemals hätte ich gedacht, dass meine Vorbereitung eben nur eine kleine Ahnung von dem sein konnte, was mich hier erwarten würde:
Gerade auch für die muslimische Minderheit findet hier das ÜberLeben Tag und Nacht auf offener Straße, in 6m² einfachster und ungeschützter Hütte oder aber in gefährlichster Umgebung statt.

Gefährlich heißt dann konkret im Topsia-Viertel, dass ein enormer Drogenkonsum das Leben vieler Väter oder junger Männer betäubt, dass das Gemüse für den Verkauf oder den eigenen Gebrauch an giftigen Gewässern angebaut und geerntet werden muss, dass für die Atemwege gefährlichste Gase die monotone Produktion tausender Sandalen oder Schuhe begleitet. Read more

Das stinkt zum Himmel!

Als wir am frühen Nachmittag die Müllkippe in Howrah erreichen, fällt es mir schwer,  den Schutzraum unseres kleinen Transporters zu verlassen. Schon von weitem hat der schwere, modernde und bissige Gestank das innere des Wagens erreicht und wird mit jeden 100 Metern unerträglicher. Was uns hier begegnet, ist eigentlich nicht in Bildern festzuhalten: auf endlosen Bergen von Müll arbeiten unzählig viele Kinder, um gemeinsam mit ihren Familien überleben zu können. Viele von ihnen barfüßig auf nackten Sohlen, ihre Füße von den vielen Verletzungen gezeichnet, andere tragen Flip-Flops.

Harter Wettbewerb: Müllsammler-Kinder in Kalkutta

Noch bevor der Müll abgeladen ist, springen die Kinder auf den Wagen. 1 kg dünner Plastikfolie können sie später für umgerechnet 10 Cent verkaufen.

Hier in Howrah liegt – neben der größten Müllhalde der Stadt namens Dhapa-Dumping-Ground – der Auswurf der Metropole Kolkata: zerfledderte Plastikplanen, zerrissene Sandalen, sich auflösende Bastkörbe, faulendes Gemüse und von Fliegen bedeckte Fleisch- und Knochenreste. Selbst noch heute, als ich diese Eindrücke des Vortages aufschreibe, strömen mir Restspuren des Gestanks entgegen, die sich in meinem grünen Notizheft festgesetzt haben.

10 Cent für ein Kilo Plastik

Schweine suchen mit den Menschen hier um die Wette, Tier und Mensch leben von dem, was andere weggeworfen haben und nur für den einmaligen Gebrauch produziert worden schien. Ein schwerer Lastkraftwagen mit „frischem“ Müll schleppt sich die provisorischen Wege dieser Halde hoch. Read more

ÜberLeben in Kalkutta

Seit Dienstag bin ich auf Recherchereise für die Fastenaktion 2012 in Indien: mitten in den Slums von Kalkutta (eigentlich: Kolkata). Im Mittelpunkt stehen die Kinder und Jugendlichen des MISEREOR-Projektpartners Tiljala-Shed: Sie sind es, die mein Herz bewegen, die mich zum Lachen und Weinen bringen, die die Zukunft dieser Stadt sind.

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Ihar Tunaskar, lebt gefährlich. Er lebt in einer Hütte, direkt an den Bahngleisen. Unfälle sind hier an der Tagesordnung.

Und doch scheint sich vieles gegen sie verschworen zu haben. Als muslimische Minderheit leben sie am Rand der Gesellschaft, viele von ihnen sind Flüchtlinge, andere leben schon seit Jahrzehnten hier. Ihre Hütten aus Bambus, Plastikplanen und Wellblech stehen an giftigen Flüssen oder an gefährlichen Bahnschienen. Auf 6-9 m² leben sie zu viert, manchmal sogar zu  acht. Da mag es schwer fallen, an den Himmel auf Erden zu glauben.  Sie leben von dem, was sie Tag für Tag durch ihrer Hände Arbeit verdienen. Das ist nicht viel. So arbeiten auch die Kinder mit, um ihren Beitrag für den Familienunterhalt zu leisten. Sie sammeln und sortieren Müll, sie kleben Sandaletten und Schuhe, sie verkaufen Getränke und T-Shirts auf den Bürgersteigen dieser wuseligen Stadt. Tagsüber wird es gefühlte 40 Grad heiß, die extreme Luftfeuchtigkeit lässt es fast noch heißer erscheinen. Die Luft ist erfüllt von einem süßlich-bitteren Geschmack – so wie ich es von obergärigen Biotonnen oder gelben Säcken her kenne.

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Online Lernen ohne Grenzen

Freitag Abend 21 Uhr. Mein Arbeitstag geht heute in die Verlängerung. Wie so oft in den letzten Wochen finden meine wichtigsten Arbeitstermine am Abend statt – dabei geht es nicht etwa um ein Abendessen mit Gästen aus dem Süden oder einen Vortrag vor einer Kirchengemeinde. Bei meinen Abendterminen sitze ich – physisch alleine, aber doch umgeben von einer ganzen Gruppe von Kursteilnehmern – zu Hause in meinem Büro vor dem Computer. Meine „Gegenüber“ sitzen derweil auf der anderen Seite der Erdkugel, in  Argentinien, Bolivien, Brasilien, Ecuador, Guatemala, Honduras, Kolumbien, Mexico und Peru. Bei ihnen ist gerade Nachmittag. Gerade habe ich sie herzlich zu unserer zweiten Online-Konferenz begrüßt.

Per Internet steht Susanne Friess in Verbindung mit Kurs-Teilnehmern in Lateinamerika.

Per Internet steht Susanne Friess in Verbindung mit Kurs-Teilnehmern in Lateinamerika.

Sei drei Wochen läuft nun unsere Online-Schulung für Misereor-Partnerorganisationen in Lateinamerika, die sich mit Menschenrechtsverletzungen im Umfeld großer Bergbauprojekte befassen. Insgesamt 46 TeilnehmerInnen aus 30 Institutionen haben sich für den Online-Kurs angemeldet. Es ist aufregend, mit so vielen engagierten Anwälten und Projektmitarbeitern im Austausch und Kontakt zu sein.

Der Kurs beschäftigt sich mit „internationalen Beschwerdemechanismen“. Das ist ein sperriger Titel für eine in der Praxis sehr spannende Frage: wie können internationale Konzerne, die im Ausland Menschenrechtsverletzungen und Umweltdelikte begehen, für diese Taten zur Rechenschaft gezogen werden. Gerade im Umfeld großer Bergbauprojekte werden solche Rechtsbrüche von unseren Partnerorganisationen sehr häufig beklagt – doch gibt es neben dem Lamento auch juristische Wege, die in Sanktionen für die Urheber dieser Straftaten münden und in Entschädigungszahlungen für die Geschädigten? Read more

Unberührbarkeit – eigentlich seit 63 Jahren abgeschafft

M.C. Raj bloggt für MISEREOR aus Indien.

M.C. Raj kämpft für die Rechte der Dalits in Indien.

Manchmal, wenn ich über die gesellschaftliche Praxis des Umgangs mit Unberührbaren erzähle – die in Indien 63 Jahre nach der Erlangung der Unabhängigkeit immer noch besteht – weisen mich Leute darauf hin, dass Indien doch eine Verfassung habe, die die Unberührbarkeit verbiete. Meistens kommen solche Einwürfe von Freunden aus Europa.

Es stimmt, dass die Diskriminierung aufgrund von Kasten laut Verfassung abgeschafft ist. Aber das Tragische an der Realität in Indien ist, dass gesellschaftliche Kräfte mächtiger sind als das Gesetz. Das liegt daran, dass die Leute, die an das Kastenwesen glauben, auch zugleich diejenigen sind, die für die Umsetzung der Gesetze in Indien zuständig sind.

Genau aus diesem Grund musste die indische Regierung 1989 ein strengeres Gesetz verabschieden, um Gräueltaten an den Dalits zu unterbinden.  In den indischen High Courts haben schon Richter den Richterstuhl mit Wasser aus dem (als heilig geltenden) Fluss Ganges gereinigt, aus dem einzigen Grund, dass der Richter, der vor ihnen auf diesem Stuhl saß, ein Dalit war. Es gibt Dörfer, in denen Mauern die Read more

Auf der gefährlichsten Straße der Welt

In meiner Tätigkeit als Referentin in der Finanzkontrolle für Bolivien sehe ich auf meinen Dienstreisen viele Büros, denn meine Gespräche kreisen um Buchhaltung, Verfahren der internen Kontrolle, Geldüberweisungen, Abrechnungen, Organigramme und Arbeitsgesetze. Nach Möglichkeit gehört aber auch ein Besuch in der Projektzone dazu, um die Wirklichkeit der Projektrealität kennenzulernen. Deshalb habe ich dieses Mal ein Projekt in Caranavi zur Verbesserung der Landwirtschaft in den Tropen besucht, um die Lebenssituation der Bauern dort kennenzulernen und zu sehen, was das Misereor-Projekt bewirken kann.

blogbeitrag_schuebbe2

Vom Andenpaß hinunter ins Amazonasbecken

In 5 Stunden über 4000 Höhenmeter

Seit langem wollte ich diesen Projektbesuch machen, aber alle haben mich immer gewarnt: die Straße dahin sei gefährlich, angeblich die gefährlichste Straße der Welt, weil sie einspurig ist und an einem gefährlichen Abgrund entlang führt. Immer wieder kam es auf dieser Strecke zu Unfällen, wenn Pkws, Busse oder Lastwagen zu schnell fuhren, nicht ausweichen konnten und in den Abgrund hinunterstürzten. Meist waren dabei viele Tote zu beklagen. Inzwischen ist die Straße aber auf einem langen Stück asphaltiert, verbreitert und über eine andere Streckenführung ungefährlicher geworden. Von La Paz nach Caranavi sind es 120 km, man braucht dafür 5 Stunden und fährt auf dieser Distanz von 4.650 auf 500 m Höhe, nichts für Leute mit Kreislaufproblemen. Read more